"Krise der Demokratie"
Asselborn warnt vor Zerbrechen der EU
07.07.2018Luxemburgischer Außenminister: 'Wenn der Respekt der Werte fällt, dann fällt auch das Projekt Europa.'
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sieht den Fortbestand der EU gefährdet. "Wenn der Respekt der Werte fällt, dann fällt auch das Projekt Europa", sagte Asselborn der Deutschen Presse-Agentur in Luxemburg. Es gebe "eine Krise der Demokratie", eine "tiefe Vertrauenskrise" und "eine Krise der nationalen Egoismen". Die Migrationsfrage sei "der Test für das Weiterbestehen der Europäischen Union".
"Europa der Nationen"
Es gebe EU-Länder, die die Werte von Solidarität und Verantwortung "nicht mehr richtig finden oder ein anderes Europa wollen", erklärte Asselborn. Polen beispielsweise wolle ein "Europa der Nationen". "Und in diesem Europa der Nationen entscheidet die Regierung, wie frei die Presse ist, wie frei die Justiz ist. Das ist aber nicht mehr das Europa, das wir brauchen nach dem Zweiten Weltkrieg."
Unter Hinweis auf Ungarn und dessen Regierungschef Viktor Orbán, der eine Aufnahme von Flüchtlingen strikt ablehnt, sagte Asselborn: "Ein Land, das nicht mehr das Gemeinschaftliche respektiert, nicht mehr den EU-Vertrag respektiert, muss sich Fragen stellen lassen, ob es in der Europäischen Union noch eine Zukunft sieht."
Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge
Beim Thema Migration dürfe man den Bürgern nicht vorgaukeln, dass diese Frage "im Vorhof Europas zu bewältigen ist - draußen, nicht drinnen". Tatsächlich brauche man einen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge innerhalb der EU, was unter anderem von Orbán strikt abgelehnt wird. "Wir drücken diese Lastenverteilung einfach weg, machen die Augen zu und sagen, wenn keiner mehr reinkommt, brauchen wir auch keinen mehr zu verteilen."
Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten Ende Juni bei einem Gipfeltreffen in Brüssel die Aufnahme von Flüchtlingen als freiwillig bezeichnet. Er habe den Eindruck, dass auch bei EU-Gipfeln "das alles so beiseitegeschoben wird", sagte Asselborn. Die Staats- und Regierungschefs müssten nicht nur über Migration, sondern auch über die Stabilisierung des Euro und vor allem über die sozialen Probleme sprechen.