Gefahr durch den Reaktor-Crash
Schock: Wenn der Reaktor Fukushima explodiert, werden radioaktive Partikel in die Atmosphäre geschleudert und rund um die Erde verteilt. Fukushima. Die Explosion im Atomkraftwerk Fukushima I hat das Kernkraftwerk schwer beschädigt. Es ist Radioaktivität ausgetreten – nun bangt die Welt vor einem zweiten Tschernobyl und verfolgt mit Angst die möglichen Auswirkungen einer radioaktiven Wolke.
Siedewasser-Reaktor ist höchst gefährlich. Die Vorgänge im Inneren des Meilers sind kompliziert und gefährlich. Die Funktion: Fukushima ist ein Siedewasserreaktor. Brennstäbe produzieren durch Kernspaltung Hitze. Damit wird Wasser erwärmt und durch eine Turbine geleitet, die Strom erzeugt. Bei Stromausfall durch Erdbeben wird die Lage kritisch. Druck und Temperatur steigen an. Wenn es nicht gelingt, dies zu stoppen, kann die Hülle der Brennstäbe bersten – ein sogenannter GAU.
Radioaktivität ist bereits ins Freie ausgetreten. In Fukushima war der Sicherheitskreislauf durch Stromausfall nach dem Erdbeben gestört. Auch die Sicherheitsstufe fiel aus.
Im Reaktor steigt jetzt die Temperatur des Wassers. Durch Verdampfung erhöht sich der Druck. Um eine Explosion zu verhindern, wird der radioaktive Dampf über ein Ventil nach außen abgelassen.
Tödliche Wolke nach Reaktor-Explosion. Gelingt es nicht, den Reaktor zu kühlen, wird dieser in einer unkontrollierten Kettenreaktion explodieren – mit fatalen Folgen. Radioaktive Partikel – Plutonium und Cäsium – werden kilometerhoch in die Atmosphäre geschleudert. Diese Wolke kann in höheren Luftschichten tausende Kilometer weit getragen werden. Nach Tschernobyl war vom Balkan bis Skandinavien halb Europa verstrahlt.
Konkret sind je nach Windrichtung vor allem China, Korea und die Halbinsel Kamtschatka gefährdet. Brisant: Über Jetstreams verteilen sich die Partikel in verdünnter Form global. Auch nach den japanischen Atombomben im 2. Weltkrieg gab es bei uns höhere Strahlenwerte. Gefahr droht auch über die Nahrungskette – vor allem bei Fisch.
Fazit: Laut Meteorologen der ZAMG kann die Wolke nicht direkt zu uns kommen, über die Nahrungskette ist aber auch Österreich stark gefährdet.
Niki Berlakovich Minister richtet eine Hotline ein. „Lage ist dramatisch“
ÖSTERREICH: Wie reagiert die Regierung auf den GAU?
Niki Berlakovich: Ich habe den Bereitschaftsdienst der Strahlenschutzbehörde sofort verstärkt. Und wir stehen permanent mit der Atomenergiebehörde in Kontakt.
ÖSTERREICH: Ist auch Österreich durch austretende Strahlung gefährdet?
Berlakovich: Unsere Experten sagen, es wird keine radioaktive Wolke nach Österreich kommen. Wir haben auch eine Hotline eingerichtet. Wenn Bürger Fragen haben, können Sie unter der Nummer 059 133-9500 Auskunft bekommen.
ÖSTERREICH: Experten von Global 2000 wollen eine Gefahr nicht ausschließen.
Berlakovich: Für uns besteht keine Gefahr. Die Meteorologen sagen, der Wind weht nach Nordost. Allerdings sind die Folgen für das Umweltsystem Pazifik nicht absehbar.
ÖSTERREICH: Wie schätzen
Sie die Lage in Japan ein?
Berlakovich: Die Lage ist dramatisch. Das bestärkt mich einmal mehr in unserem Anti-Atom-Kurs.
Reinhard Uhrig Atom-Experte von Global 2000: „Gefahr auch für uns“
ÖSTERREICH: Was passiert im japanischen AKW Fukushima?
Reinhard Uhrig: Es ist offenbar der schlimmste Fall eingetreten, der Super-GAU. Radioaktivität ist ausgetreten und verseucht die Umgebung.
ÖSTERREICH: Wie lange ist die Verseuchung messbar?
Uhrig: Aufgrund der hohen Halbwertszeit wird das Gebiet 240.000 Jahre unbewohnbar sein. Nur zum Vergleich: die Steinzeit ist 10.000 Jahre her.
ÖSTERREICH: Sind solche schweren Unfälle überhaupt zu vermeiden?
Uhrig: Nein, Atomkraftwerke sind nicht beherrschbar. Und es ist nicht mehr zu argumentieren, dieses Risiko für ein bisschen Strom in Kauf zu nehmen. Es passieren immer wieder Störfälle, die sehr haarig sind.
ÖSTERREICH: Die Wolke scheint nach Nordosten abzuziehen. Ist das schon eine Entwarnung für Österreich?
Uhrig: Nein, man kann da nichts ausschließen, wie das der Umweltminister tut. Das ist nicht seriös. Die Windrichtung ändert sich immer wieder.
Sorge vor GAU in Österreich
Angst vor grenznahen Atommeilern nimmt zu. Österreichs Regierung versucht zu beruhigen.
In Österreich steigt die Angst vor einer atomaren Bedrohung wie in Japan. Von der Regierung wurde unter der Telefonnummer 059 133 - 9500 eine Serviceline eingerichtet. Die Angst der Österreicher kreist vorrangig um die angeblichen Schrott-Reaktoren in Tschechien. Diese sind jedoch moderneren Typs als Fukushima. Aber: In Deutschland und der Schweiz stehen vergleichbare Siedewasserreaktoren, deren Sicherheit bei Unglücksfällen zumindest kritisch ist: Die Kernkraftwerke Gundremmingen und Isar liegen in Bayern, letzteres gerade einmal 75 Kilometer von Braunau in Oberösterreich entfernt. Risikoforscher Roman Lahodynsky setzt nach: „Die Frage ist: Wie reagieren wir jetzt? Wir haben nukleare Anlagen um uns herum, und die sind nicht auf Erdbeben konditioniert. Das ist eine Gefahr. “Nuklear-Katastrophe hält Österreich in Atem. Faktum ist aber: Der Japan-Meiler war schon bisher anfällig für Unfälle, die häufig vertuscht wurden: Nach einem Erdbeben 2008 schwappte radioaktives Wasser aus einem Becken, in dem verbrauchte Brennstäbe lagerten. 2006 trat radioaktiver Dampf aus. Laut Wetterexperten der Hohen Warte (ZAMG) besteht dennoch keine Gefahr. Greenpeace-Mann Niklas Schinerl warnt dennoch: „Gefahr für Österreich ist nicht auszuschließen. Man hat beim Island-Vulkan gesehen, wie lange eine Wolke herumziehen kann.“