Frotzelei
Iran unterschrieb Abkommen zum Uran-Tausch
17.05.2010
Trotz der Einigung über eine Uran-Anreicherung im Ausland will Teheran auch weiterhin selbst radioaktives Material anreichern
Nach monatelangen Verhandlungen hat der Iran im Streit über sein Atomprogramm offenbar eingelenkt. Die Türkei und Brasilien erreichten am Montag mit der Regierung in Teheran einen Kompromiss. Demnach bringt der Iran schwach angereichertes Uran in die Türkei und erhält im Gegenzug Brennstäbe für einen medizinischen Reaktor in Teheran. Die Europäische Union reagierte zunächst zurückhaltend. Skeptische Kommentare kamen auch aus Israel und Deutschland.
Tauschabkommen
"Wir haben uns in einem trilateralen Treffen
auf die Türkei als Tauschort geeinigt", verkündete der iranische
Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast im staatlichen Fernsehen. Zuvor hatte
der Iran darauf bestanden, dass ein Austausch nur auf iranischem Boden
stattfinden könne. Das Tauschabkommen basiert im Wesentlichen auf einem
UN-Entwurf vom Oktober, den der Iran nach anfänglich positiven Signalen
letztlich abgelehnt hatte.
Auch Anreicherung im Iran
Mehmanparast sagte nach der
Unterzeichnung des Vertrags mit Brasilien und der Türkei allerdings, trotz
der Einigung über eine Uran-Anreicherung im Ausland wolle Teheran auch
weiterhin selbst radioaktives Material anreichern. Der Iran werde die
Produktion von auf 20 Prozent angereichertem Uran "auf eigenem
Territorium" fortsetzen.
Noch gibt es keine Stellungnahme der USA zu dem Kompromissvorschlag, der von Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva und dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad ausgehandelt wurde. "Es besteht kein Bedarf für UN-Sanktionen", wurde der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu im türkischen Fernsehen zitiert.
Urananreicherung
Frühere Verhandlungen mit Deutschland und den
fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates - die USA,
Großbritannien, Frankreich, Russland und China - den Iran generell an der
Urananreicherung zu hindern, waren fehlgeschlagen. Der Iran ist auf die
nichtständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, Brasilien und die Türkei,
zugegangen, um eine drohende vierte Runde von UN-Sanktionen abzuwenden.
Die EU erklärte, die Hauptsorge gelte nicht dem Uran für Forschungsreaktoren, sondern dem Atomprogramm selbst. Seit sieben Monaten habe der Iran dabei versagt, die Bedenken gegen seine wahren Ambitionen auszuräumen, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Rande eines EU-Lateinamerika-Gipfels am Montag in Madrid. Notwendig sei nun zunächst, dass die iranische Regierung ihre Vorschläge schriftlich bei der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO/IAEA) in Wien vorlege.
Neuer Vertrag
Der nun mit dem Iran ausgehandelte Vertrag zur
Uran-Anreicherung im Ausland kann nach Ansicht der deutschen Bundesregierung
ein Abkommen mit der IAEO nicht ersetzen. Es sei "nach wie vor wichtig",
dass Teheran mit der IAEO eine Vereinbarung schließe, sagte
Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag. "Das kann nicht
ersetzt werden durch ein Abkommen mit Drittstaaten." Der "springende
Punkt" sei, ob Teheran die Uran-Anreicherung im eigenen Land aufgebe.
Der israelische Handelsminister Benjamin Ben-Eliezer (Arbeiterpartei) sagte
dem israelischen Rundfunk zu der neuen Entwicklung am Montag, man müsse
zunächst abwarten und die Ergebnisse beobachten.
Der nun geschlossene Vertrag sieht vor, dass in der Türkei 1200 Kilogramm iranisches Uran mit einem niedrigen Anreicherungsgrad von 3,5 Prozent gelagert und vom Iran und der IAEO bewacht werden sollen. Spätestens ein Jahr später soll der Iran im Gegenzug 120 Kilogramm Uran erhalten, das auf 20 Prozent angereichert wurde. Falls der Iran die Brennstäbe für einen medizinischen Reaktor in Teheran nicht innerhalb eines Jahres erhält, ist die Türkei verpflichtet, das Uran "sofort und bedingungslos" an den Iran zurückzugeben, sagte der iranische Außenminister Manouchehr Mottaki. Die Brennstäbe werden in Frankreich hergestellt.
Der Iran nutzt sein Atomprogramm nach eigenen Angaben allein zu friedlichen Zwecken. Es wird aber befürchtet, dass die Regierung versuchen könnte, auch atomwaffenfähiges Uran zu erlangen.