Ersatzhalle wird gesucht - Gabriel um Deeskalation bemüht.
Der Wahlkampfauftritt des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu in Hamburg ist vorerst abgesagt. Die Veranstaltungshalle im Stadtteil Wilhelmsburg wurde wegen einer fehlenden Brandmeldeanlage gesperrt, wie eine Sprecherin des Bezirksamts Mitte am Montag sagte.
Wenige Stunden zuvor hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) noch erklärt, dass Cavusoglu seinen Wahlkampfauftritt trotz massiver Proteste und Verbotsforderungen wie geplant abhalten könne.
Eine Untersagung sei nur aus versammlungsrechtlichen Gründen oder aus Gründen der Gefahrenabwehr möglich, sagte er zunächst. "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben die zuständigen Behörden das Vorliegen solcher Gründe in Hamburg im konkreten Fall nicht festgestellt." Cavusoglu wollte am Dienstagabend im Plaza Event Center im Stadtteil Wilhelmsburg auftreten.
"Die in der Genehmigung vorgeschriebene Brandmeldeanlage wurde nicht eingebaut. Deshalb darf die Halle bis auf weiteres gar nicht mehr genutzt werden", erklärte die Bezirksamtssprecherin. Unklar war am Abend, ob die Veranstalter bis zum Dienstag einen Ausweichort finden könnten. Die "Hamburger Morgenpost" berichtet unter Berufung auf den Veranstalter, Bülent Güvem, dass nach einer Ersatzhalle für den Auftritt des türkischen Außenministers gesucht werde.
Am ursprünglichen Veranstaltungsort, wo Cavusoglu für ein "Ja" beim umstrittenen Verfassungsreferendum am 16. April in der Türkei werben wollte, schmierten Unbekannte in der Nacht auf Montag mehrfach das Wort "Hayir" ("Nein") an die Wände. Mehrere Organisationen hatte unterdessen zu einem Autokorso von St. Pauli aus aufgerufen, um Forderungen nach der Freilassung des in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen "Welt"-Journalisten Deniz Yücel Nachdruck zu verleihen. Ziel des Korsos war das Plaza Event Center. Dort war auch eine Abschlusskundgebung geplant.
Am Mittwoch war auch ein Treffen Cavusoglus mit dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel geplant. Gabriel sprach sich am Rande eines EU-Ministertreffens am Montag in Brüssel für eine "Deeskalation" im Verhältnis mit der Türkei aus. Gabriel telefonierte nach Angaben seines Sprechers am Sonntagabend mit seinem türkischen Amtskollegen Cavusoglu, um die "insgesamt sehr aufgeheizte Debatte wieder in ruhigeres Fahrwasser" zu bringen.
Auf die Frage zu möglichen Wahlkampfauftritten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland sagte Gabriel: "Er hat ganz häufig in Deutschland geredet, auch in Wahlkämpfen. Das ist nicht das erste Mal. Die Veranstaltungen selber müssen in einer Art und Weise ablaufen, dass alle miteinander sicher sind. Und nicht dazu benutzt werden, dass die Emotionen sich so hochschaukeln, dass wir die Sicherheit im eigenen Land nicht gewähren können."
Es sei aber "klar, dass wir alle ein Interesse daran haben, dass innenpolitische Spannungen in der Türkei nicht nach Deutschland importiert werden. Wir sind für freie Meinungsäußerung und man kann auch kontroverse Dinge debattieren." Es sei normal, dass türkische Bürger für die Wahlen angesprochen werden, "auch wenn wir eine völlig andere Auffassung haben. Aber jeder muss achten, dass das respektvoll und anständig erfolgt", betonte Gabriel in Brüssel.