Ausgeklügeltes Frühwarnsystem
Umfangreiche Anstrengungen zum Schutz
11.03.2011
Japan investiert viel in die Voraussage von Naturkatastrophen - doch die Bevölkerung stumpft ab.
In Japan bebt rund 5.000 Mal im Jahr die Erde. Erdstöße gehören für die Japaner zum Alltag, sie sind sich der Gefahren bewusst. Jährliche Katastrophenübungen mit bis zu einer Million Menschen als Teilnehmer, erdbebensichere Architektur, ein ausgeklügeltes Tsunami-Frühwarnsystem sollen die Bereitschaft der Japaner im Umgang mit solchen Katastrophen schulen. Ob diese Anstrengungen gefruchtet haben, wird erst die Bilanz in einigen Tagen zeigen, wenn das Ausmaß der Zerstörungen und der Opfer übersehbar wird.
Jährliche Großübung
Jedes Jahr am 1. September findet in ganz Japan eine umfangreiche Übung statt. Der 1. September ist der Jahrestag des großen Bebens von Kanto im Jahr 1923, bei dem mehr als 140.000 Menschen umgekommen waren. An dem Testfall sind bis zu einer Million Menschen beteiligt, darunter Soldaten, Polizisten, Beamte der Küstenwache und Feuerwehrleute. Die Regierung hält Notstandssitzungen ab. Bei der Übung im Jahr 2008 beispielsweise war ein doppeltes Beben der jeweiligen Stärke 8,6 die Annahme. Experten vermuteten damals, das selbst bei guter Vorbereitung und modernster Bautechnik bis zu 18.000 Opfer zu beklagen wären.
Ein Netz aus Sensoren
Ein wesentlicher Teil der Schutzkette, auf den Japan baut, ist das Tsunami-Frühwarnsystem. Seismographische Sensoren liegen wie ein Netz um die japanischen Inseln. Wenn es ein Beben gibt, werden die Daten der Sensoren in den Computerzentren des Landes analysiert. Wenn ein Rechner zu dem Ergebnis kommt, dass eine Flutwelle droht, ergeht eine Warnung an die betroffenen Gebiete. Neben Gemeinden, Katastrophenschutz, Küstenwacht werden auch die Medien alarmiert. Radio- und Fernsehstationen unterbrechen ihre Programme, um die Bevölkerung zu warnen.
Alles über das Beben in Japan
Im Ernstfall geht es um Sekunden
Das System wird laufend verbessert, und das lassen sich die Japaner Millionen kosten. Dabei geht es sowohl um den Ausbau des Messsystems als auch um die Weiterentwicklung der Kommunikationszentren. Denn im Ernstfall geht es um Sekunden. 1993 traf eine 29 Meter hohe Welle auf Okushiri in der nördlichen Präfektur Hokkaido, 200 Menschen kamen dabei ums Leben. Vom Erdbeben bis zum Auftreffen der Welle auf die Küste dauerte es genau drei Minuten. Die Anordnung, dass evakuiert werden soll, kam zu spät.
Nur sechs Prozent folgten der Warnung
Doch die Gefahr liegt offenbar nach einem Bericht der "FAZ" in der Abstumpfung der Bevölkerung. So hatte die nationale Meteorologiebehörde nach einem Beben in Zentraljapan Tsunami-Warnungen herausgegeben. Doch der Evakuierungsaufforderung folgten nur sechs Prozent der betroffenen Küstenstriche. Viele Gemeinden leiteten die Warnung nicht einmal weiter. Das Ziel, dass die Bevölkerung innerhalb von drei Minuten nach dem Beben informiert wird, wurde in weiten Teilen verfehlt. Eine Kleinstadt in Wakayama hatte 23 Minuten nach dem Beben mit der Evakuierung begonnen. Der Tsunami war drei Minuten zuvor über die Gemeinde hereingebrochen.