Aufruf
Badawi-Frau fleht: "Helft meinem Mann!"
25.01.2015Ensaf Haidar kämpft für Freilassung ihres Mannes - und für Menschenrechte.
Sie bangt um das Leben ihres Mannes, kämpft für seine Freilassung: Ensaf Haidar,
die Ehefrau des Saudi-Bloggers im Interview.
Dramatisch
Es ist ein Leben zwischen Bangen und Hoffen: Ensaf Haidar fleht Menschen in der gesamten Welt an, für die Freilassung ihres Mannes Raif Badawi
zu kämpfen. Badawi wurde in Saudi-Arabien zu 1.000 Peitschenhieben und zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte auf seinem Blog im Internet das Ausmaß der religiösen Reglementierungen in Saudi-Arabien kritisiert.
ÖSTERREICH am SONNTAG erreichte Badawis Frau Ensaf Haidar in Kanada. Sie ist seit acht Jahren mit Badawi verheiratet, die beiden haben drei Kinder. Najwa (11), Terad (10) und Miriam (7) flohen gemeinsam mit Ensaf Haidar, weil auch sie bedroht wurde. Seit drei Jahren haben sie den Vater nicht gesehen. Ensaf Haidar: "Der Papa geht den Kindern unendlich ab, sie vermissen Raif. Und für ihn, ja für ihn ist es wirklich hart."
Appell
Haidar appelliert an alle Menschen und Regierungen, sich für die Freilassung ihres Mannes einzusetzen -und bedankt sich bei Österreich für das klare Statement, das Bundeskanzler Werner Faymann in Richtung des nunmehrigen saudischen König bereits abgegeben hat. Haidar: "Ich bedanke mich bei allen, die die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien anprangern."
Kritik
Aber die mutige Kämpferin für Meinungsfreiheit und die Anliegen ihres Mannes ist auch mit Kritik zur Stelle. Sie kennt die Situation in Österreich offenbar genau und fordert eine Schließung des umstrittenen Saudi-Zentrums in Wien, da man sich von den Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien nicht distanziert habe. Haidar: "Die lautstarken Forderungen, das Zentrum zu schließen, sind meiner Meinung nach deswegen legitim. Das fände ich richtig."
Ihr wichtigstes Anliegen ist aber natürlich die Freilassung ihres Mannes und vor allem, dass die jeweils 50 Peitschenhiebe, die er an 20 Freitagen ertragen muss, so schnell wie möglich völlig ausgesetzt werden.
ÖSTERREICH: Sie leben mit den Kindern in Kanada. Wie geht es Ihnen?
Ensaf Haidar: Es war not wendig, Saudi-Arabien mit den Kindern zu verlassen. In Kanada geht es uns gut. Die Kinder haben schon vor Jahren i m Libanon in der Schule begonnen, Französisch zu lernen, und können sich auch gut verständigen. Doch für mich ist der Alltag schwierig, weil ich kein Wort Englisch und auch kaum Französisch spreche. Ich habe auch kaum Zeit, mich darum zu kümmern. Aber das ist es nicht, was uns das Leben schwer macht: Der Papa geht den Kindern unendlich ab, sie vermissen Raif. Und für ihn, ja für ihn ist es wirklich hart
ÖSTERREICH: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt?
Haidar: Gesehen habe ich ihn zuletzt vor drei Jahren. Es ist unglaublich lange her. Ich kann ihn auch nicht kontaktieren. Er kann da und dort anrufen. Insgesamt konnten wir in den vergangenen Jahren zehnmal miteinander reden.
ÖSTERREICH: Wie geht es ihm?
Haidar: Die Peitschenhiebe bereiten ihm natürlich sehr große Schmerzen. Es ist wirklich sehr furchtbar für ihn. Dazu kommt, dass die Versorgungslage, das Essen und Trinken im Gefängnis, schlecht ist. Momentan ist er mit vier weiteren Menschen in einer Zelle -zuvor waren es sechs oder sieben weitere Häftlinge.
ÖSTERREICH: Haben Sie Hoffnung, dass Raif bald aus dem Gefäng nis kommt?
Haidar: Raif ist zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt -und er darf weitere zehn Jahre nicht aus Saudi-Arabien ausreisen. Das ist eine Ewigkeit! Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass der internationale Druck so groß wird, dass die Schläge ausgesetzt werden und er freikommt.
ÖSTERREICH: Österreichs Bundeskanzler hat den nunmehrigen saudischen König aufgefordert, Ihren Mann freizulassen. Wie hoffnungsvoll machen Sie diese Aufrufe?
Haidar: Sehr. Ich bedanke mich bei allen, die die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien anprangern und die Freilassung meines Mannes fordern. Jede Stimme hilft und gibt uns Hoffnung! Ich bitte alle Menschen und alle Regierungen, dass sie daran arbeiten, dass Raif freikommt. Er leidet dafür, dass er seine Meinung geäußert hat. Es darf in unserer Welt im Jahr 2015 nicht verboten sein, seine Meinung zu äußern.
ÖSTERREICH: In Österreich gibt es ein saudi-arabisches Zentrum. Dort distanziert man sich nicht von den Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. Es gibt Stimmen, dieses Zentrum zu schließen. Finden Sie es richtig, dass ein derartiges Zentrum von Österreich gefördert existieren kann?
Haidar: Das Saudi-Zentrum ist, soweit ich weiß, als Dialogzentrum zwischen den Religionen und für Toleranz installiert worden. Von Dialog ist nichts zu hören. Das Zentrum hat sich noch immer nicht von den Menschenrechtsverletzungen, die im Königreich Saudi-Arabien passieren, distanziert oder diese irgendwie kommentiert. Die lautstarken Forderungen, das Zentrum zu schließen, sind meiner Meinung nach deswegen legitim. Das fände ich richtig.