Bahnhof-Kiler hatte Asylstatus in der Schweiz
30.07.2019
Der 40-jährige Mann konnte noch am Bahnhof von Passanten überwältigt werden.
Berlin. Nach der tödlichen Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof geht die Suche der Ermittler nach dem Motiv des Tatverdächtigen weiter. Der 40-Jährige, der am Montag einen achtjährigen Buben vor einen einfahrenden ICE in den Tod gestoßen haben soll, wird laut Staatsanwaltschaft Frankfurt am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt. Bisher hat er sich nicht zu dem Fall geäußert, erklärte die Ermittlungsbehörde.
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) will sich "angesichts mehrerer schwerwiegender Taten in jüngerer Zeit" am Dienstag in Berlin mit den Chefs der Sicherheitsbehörden beraten. Die Ergebnisse wird er auf einer Pressekonferenz (15.00 Uhr) vorstellen. Bei dem Treffen soll es nach dpa-Informationen neben der Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof auch um Angriffe und Drohungen gegen Vertreter der Linkspartei gehen, um Bombendrohungen gegen Moscheen sowie den rassistisch motivierten Angriff auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach.
Mann aus Eritrea seit 2006 in der Schweiz
Wie jetzt bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Informationen zum mutmaßlichen Täter gegenüber der "Hessenschau" bekannt gegeben: Es handelt sich um einen 40-Jährigen mit eritreischer Staatsbürgerschaft. Er lebt seit 2006 in der Schweiz und habe sich bisher noch nicht zur Tat geäußert.
Die Attacke im Frankfurter Hauptbahnhof löste auch eine Debatte über die Sicherheit an Bahnhöfen aus. Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Nach dieser furchtbaren Straftat braucht es jetzt rasche und spürbare Konsequenzen für den Täter. Zusätzlich zum Strafverfahren sollten auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen diskutiert werden. Darüber hinaus bin ich offen für eine Diskussion über bessere Sicherheitsvorkehrungen an unseren Bahnhöfen."
Der SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert bemängelte in der "Bild"-Zeitung (Dienstag) eine unzureichende Aufsicht an den Bahnsteigen, außerdem fehle es an den Bahnhöfen an Bundespolizisten. Aus Sicht der Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz, Anke Rehlinger (SPD), sind Taten wie in Frankfurt durch Sicherheitsmaßnahmen allerdings nicht zu verhindern. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag) sagte die saarländische Verkehrsministerin: "Eine solche Tat offenbart keine Sicherheitslücke, sondern eine Menschlichkeitslücke."
Warnung vor Nachahmungstätern
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, warnte unterdessen vor Nachahmungstätern. Aus Großstädten wie Berlin seien Fälle sogenannter S- und U-Bahn-Schubser schon länger bekannt. "Die Polizei versucht sich nach jedem Fall präventiv besser einzustellen. Bei Taten, die vorsätzlich geschehen, stößt sie jedoch an ihre Grenzen", sagte Radek dem RND. Angesichts von 5600 Bahnhöfen und Haltestellen in Deutschland dürfe nicht mit schnellen Lösungen gerechnet werden. "Die sind alle so unterschiedlich strukturiert, dass es schwer sein dürfte, ein Konzept für alle zu entwickeln." Forderungen nach mehr Personal bezeichnete der GdP-Vize als unseriös.
In Frankfurt soll der tatverdächtige 40-Jährige am Montag auch die Mutter des getöteten Buben ins Gleisbett gestoßen und es bei einer weiteren Person versucht haben. Die Mutter habe sich auf einen Fußweg zwischen zwei Gleisen gerettet. Sie wurde mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Die dritte Person konnte sich in Sicherheit bringen, ohne in die Gleise zu stürzen.
Erst am Samstag voriger Woche war im Bahnhof der Stadt Voerde in Nordrhein-Westfalen eine 34 Jahre alte Mutter vor einen Regionalzug gestoßen worden und ums Leben gekommen. Der 28-jährige Tatverdächtige - ein in Deutschland geborener Serbe - sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich den Ermittlern zufolge ebenso wie im Frankfurter Fall nicht.
Nach den Untersuchungen einer Blutprobe gibt es bei dem 28-Jährigen Hinweise auf Kokain-Konsum. Es seien bei ihm Abbauprodukte von Kokain im Blut nachgewiesen worden. "Das heißt aber nicht, dass er konkret unter Kokaineinfluss stand", sagte der Duisburger Staatsanwalt am Montag.