Der US-Wahlkampf biegt mit noch elf Tagen in die Zielgeraden und die Bandagen werden härter.
Der US-Wahlkampf biegt mit noch elf Tagen in die Zielgeraden und die Bandagen werden härter: In einer frenetischen Tour durch sieben Schaukelstaaten schürte US-Präsident Barack Obama bei Rivalen Mitt Romney Zweifel - teils aber auch mit derben und zunehmend umstrittenen Untergriffen. Romney rede allen nach dem Mund, tönt Obama immer lauter: Plötzlich gebe sich sein Rivale als mitfühlender Moderater beim Kampf vor allem nach Frauenstimmen aus, könne sich an frühere "grimmig konservative", wie er selbst sagte, Positionen nicht mehr erinnern. Kurz: Romney könne „nicht über den Weg getraut werden“.
Doch Obama vergreift sich zunehmend im Ton: Überheblich und nicht sonderlich präsidial wirken seine ständigen Hänseleien über die „Romnesie“ seines Gegners. Die Basis klopft sich auf die Schenkel, doch Wechselwähler bleiben unbeeindruckt. In einem Interview mit Rolling Stone nannte er Romney gar eine "Bullshitter".
Der Angesprochene nützt Obamas Verbalattacken geschickt aus: Die seien ein Zeichen von Nervosität, verkündet Romney bei Auftritten gelassen: Der Amtsinhaber spüre den Untergang, habe außer „Schimpfkanonaden“ dem Land nichts mehr zu bieten, so Romney. Konkret: „Mich zu attackieren, ist keine Agenda für Amerikas Zukunft“.
Tatsächlich hat Team Obama Grund zu großer Nervosität: Trotz Punktesiegen in den letzten beiden TV-Debatten liegt Romney im nationalen Umfragenschnitt laut „RealClearPolitics.com“ weiter mit 47,9 zu 47 Prozent voran. Vor allem bei Wählerinnen holt er auf. Auch Obamas einstige Riesenvorsprünge in den Schaukelstaaten schwinden: In „Ground Zero“ der 2012-Wahlschlacht, Ohio, kam Romney auf 2,1 Prozent heran. Laut NBC/WSJ-Umfrage liegen beide in Colorado mit je 48 % gleichauf, in Nevada führt Obama noch knapp mit 49 % zu 47 %.
Klar: Romneys Weg zu den nötigen 270 Wahlmännerstimmen ist nach wie vor schwieriger – Obama braucht für die Wiederwahl nur seine "Firewall" aus den Staaten Iowa, Wisconsin und Ohio zu halten. Und am Boden sind die Demokraten in wichtigsten US-Staaten besser organisiert, ihre Wähler zu den Urnen zu treiben.
Doch Romney spürt den Wind in den Segeln, eine Welle der Euphorie unter Republikanern trägt ihn. Er stahl Obama sogar den "Change"-Slogan. Im mit über zwei Milliarden Dollar teuersten Wahlkampf aller Zeiten sammelten die Konservativen in 17 Tagen im Oktober 111,8 Millionen Dollar. Sie haben 169 Millionen in der Kasse für eine letzte Werbegroßoffensive. Sie sehen erstmals den Sieg vor Augen. Und Romney strahlt die Gelassenheit eines Siegers aus - während Obama kämpft und keift.
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