Lukaschenko-Erlass

Belarus: Soldaten dürfen jetzt auf Zivilisten schießen

06.02.2024

Die belarussische Opposition übt heftige Kritik an einem Erlass von Aleksandr Lukaschenko, der es Soldaten formal erlaubt, auch auf Zivilisten zu schießen und diese dabei nicht zwangsläufig warnen muss. 

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© AFP/APA
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 In Kombination mit anderen Maßnahmen des Regimes sehe das wie eine zielgerichtete Kampagne zur Normalisierung von Morden und des Schusswaffeneinsatzes gegen Lukaschenko-Kritiker sowie Belarussen insgesamt aus, erklärte der führende Exilpolitiker Pawel Latuschka am Dienstag.

In einem diktatorischen Regime wie in Belarus würde jede Erlaubnis für Vertreter von Sicherheitskräften nicht bloß als rechtliche Möglichkeit, sondern als Verpflichtung interpretiert werden, erläuterte Latuschka in einer Aussendung. Hätten Soldaten vor diesem Erlasses die Möglichkeit gehabt, einen diesbezüglichen Waffeneinsatz abzulehnen, würde das Regime nun genau das als bevorzugte Variante in den Köpfen der Militärs verankern. "Lukaschenko verwandelt auf diese Weise die belarussische Armee in eine Besatzungsarmee zur Besetzung des eigenen Landes", schrieb der im Warschauer Exil lebende Politiker und Mitstreiter von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja.

In seinem Erlass vom 1. Februar 2024 hatte Aleksandr Lukaschenko Soldaten formal die "Anwendung physischer Gewalt, von Spezialmitteln, Kriegs- und Spezialtechnik sowie den Waffeneinsatz unter Berücksichtigung der Umstände, des Verbrechens, der Verwaltungsübertretung sowie der Person des Rechtsbrechers" erlaubt. Die betroffene Person sei dabei zu warnen. Dies sei jedoch nicht nötig, wenn Leben in Gefahr seien oder durch die Warnung "andere schwere Folgen eintreten würden". Letztere werden im Erlass nicht genauer definiert.

Bereits Anfang Jänner 2024 hatte Lukaschenko mit seiner Unterschrift ein Gesetz in Kraft gesetzt, das Sicherheitsorganen deutlich größeren Spielraum beim Einsatz von Waffengewalt gegen Frauen, Kinder und Menschen mit Behinderungen einräumte. In seiner Aussendung erinnerte Oppositionspolitiker Latuschka aber auch daran, das im vergangenen Jahr die Todesstrafe für Soldaten bei Landesverrat eingeführt worden sei. Während eines Wien-Aufenthaltes vergangene Woche hatte er diese und andere Schritte als Indizien für Kriegsvorbereitungen des Regimes interpretiert. "Wenn es keine Strategie zur Unterstützung der demokratischen Kräfte und der Zivilgesellschaft in Belarus geben sollte, wird der größte Teil der belarussischen Armee in zwei bis drei Jahren bereit sein, gemeinsam mit den Streitkräften der Russischen Föderation einen Krieg unter anderem gegen den Westen zu beginnen", hatte Latuschka im Gespräch mit der APA erklärt.

(Redaktionelle Hinweise: Alternative Schreibweisen: Latuschko)

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