Leila Ben Ali ging persönlich zur Zentralbank. Mit den Goldbarren (45 Mio Euro) floh sie nach Dubai.
Die Ehefrau des gestürzten tunesischen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali soll kurz vor der Flucht ins Exil noch 1,5 Tonnen Gold von einer Bank abgeholt haben. Leila Ben Ali habe dafür persönlich die Zentralbank in Tunis aufgesucht, berichtete die französische Zeitung "Le Monde" im Internet unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Mit Barren im Wert von rund 45 Millionen Euro sei sie anschließend vermutlich in ein Flugzeug in Richtung Dubai gestiegen. Mittlerweile soll sie sich zusammen mit ihrem Mann im saudi-arabischen Jeddah am Roten Meer aufhalten.
Bankchef weigerte sich
Nach Informationen der "Monde" wollte der Bankchef das von Leila Ben Ali geforderte Gold zunächst nicht herausgeben. Erst als die 53-Jährige telefonisch ihren Mann einschaltete, seien ihr die Barren ausgehändigt worden. Selbst Ben Ali (74) soll sich zunächst gesträubt haben, die entsprechende Anweisung zu geben.
Macht- und Geldgier
Leila Ben Ali und ihr Clan waren bereits vor ihrer Flucht aus Tunesien als geld- und machtgierig verschrien. Die Trabelsi-Familie gilt als korrupt und in kriminelle Machenschaften verstrickt. Nach dem Sturz des Präsidenten am Freitag hatten aufgebrachte Tunesier systematisch ihre Villen in den feinen Vororten von Tunis geplündert. Der als Symbol für Korruption geltende Geschäftsmann Imed Trabelsi wurde von Unbekannten erstochen. Er war ein Neffe von Ben Alis Frau Leila.
Ben Ali war am Freitag nach 23 Jahren an der Macht gestürzt worden und hat sich nach Saudi-Arabien abgesetzt. Auslöser seines unfreiwilligen Abgangs waren Massenproteste gegen Korruption und hohe Arbeitslosigkeit. Sie hatten sich in der vergangenen Woche zu einem Volksaufstand ausgeweitet. Übergangspräsident Foued Mebazaa soll nun Neuwahlen vorbereiten.
Kommt nun Übergangsregierung in Tunesien?
Nach der Flucht von Ben Ali soll das nordafrikanische Land heute eine Übergangsregierung bekommen. Die der bisherigen Regierung nahestehenden Parteien sollen daran nicht beteiligt werden, sagte Maya Jribi, Generalsekretärin der PDP (Demokratische Fortschrittspartei), am Sonntag in Tunis. Zuvor hatte es ein Treffen mehrerer Parteien unter Vorsitz von Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi gegeben. Neben Vertretern der drei bisherigen Oppositionsparteien sollen auch unabhängige Persönlichkeiten ins Kabinett kommen.
Amnestie
Die drei Parteien hätten sich für eine Amnestie aller politischen Häftlinge ausgesprochen, sagte Jribi. Die kommenden Wahlen sollen von einem unabhängigen Komitee und internationalen Beobachtern kontrolliert werden. Bei den Parteien handelt es sich um Ettajdid, PDP und FDTL (Demokratisches Forum für Arbeit und Freiheiten). Premier Ghannouchi sagte im Staatsfernsehen, die Zusammensetzung der neuen Regierung werde offiziell am Montag bekanntgegeben. Ghannouchi ist seit 1999 Ministerpräsident und eng mit der Herrschaft Ben Alis verbunden.
Aus mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen verlautete, dass die Opposition drei Ministerposten bekommen soll. PDP-Gründer Najib Chebbi solle Entwicklungsminister werden. FDTL-Chef Mustafa Ben Jaafar solle das Ressort Gesundheit verantworten, hieß es weiter. Der Vorsitzende der Ettajid-Partei, Ahmed Ibrahim, werde Bildungsminister. Ahmed Friaa, der in der vergangenen Woche zum Innenminister ernannt wurde, und Kamel Morjane, Außenminister unter der alten Regierung, sollen ihre Aufgaben behalten.
Eine Meldung über den angeblichen Tod eines Presse-Fotografen bei den Unruhen sorgte für Wirbel. Das französische Konsulat in Tunis und der Arbeitgeber des Mannes hatten zunächst den Tod des 32-jährigen Fotografen der european pressphoto agency (epa) gemeldet. Sonntagabend berichtigte eine Konsulatssprecherin in Tunis die frühere Darstellung. Die Sprecherin sagte der dpa, dass Lucas Mebrouk Dolega noch lebe. Er befinde sich in einem "kritischen Zustand". Anschließend rückte auch die Foto-Agentur epa von ihren früheren Angaben ab.
Die Armee ging gegen Mitglieder der Präsidenten-Leibgarde vor. In Tunis wurde nach Medienberichten der Chef der Leibgarde festgenommen. Augenzeugen berichteten immer wieder von Plünderungen und verschärften Kontrollen des Militärs. Im Zentrum standen am Sonntag weiter Panzer auf den Straßen. Seit der Flucht von Ben Ali gilt in Tunesien der Ausnahmezustand. Auch der Luftraum war zwischenzeitlich gesperrt.
Die neuen Machthaber und das Militär mühten sich, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Am Sonntagabend fielen wieder Schüsse in Tunis. Bei Schießereien in der Nähe der Zentralbank wurden zwei Bewaffnete getötet, verlautete aus Armee- und Polizeikreisen. In der Nähe des Präsidentenpalasts rund 15 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tunis hätten Streitkräfte und Mitglieder der neu ernannten präsidialen Leibgarde einen Angriff getreuer Milizen des gestürzten Machthabers Ben Ali abgewehrt, berichtete einer der neuen Leibgardisten. Schüsse waren auch in der Hauptstadt in der Nähe des Innenministeriums zu hören. Auch vor der PDP-Zentrale soll es Schusswechsel gegeben haben.
Die Polizei nahm den Leiter der Leibgarde Ben Alis, Ali Seriati, sowie mehrere seiner Mitarbeiter fest. Seriati und seinem Stellvertreter werde unter anderem Verschwörung gegen die nationale Sicherheit vorgeworfen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur TAP. Auch hätten die Leibgardisten Unruhe gestiftet sowie Mord und Plünderung provoziert. Insgesamt wurden nach Angaben aus Polizeikreisen 50 Verdächtige festgenommen, die aus Kranken- und Mietwagen heraus auf Menschen geschossen haben sollen.
23 Jahre autoritäre Herrschaft
Ben Ali hatte das Land 23 Jahre in autoritärer Herrschaft regiert und hinterließ Gewalt und Chaos. Auslöser seines Sturzes waren Massenproteste gegen Korruption und hohe Arbeitslosigkeit. Sie hatten sich in der vergangenen Woche zu einem Volksaufstand ausgeweitet.