Zudem droht Koalitionspartner Lega Nord nun mit Neuwahlen.
Nächste schwere Niederlage für den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi: Bei der Volksbefragung am Sonntag und Montag über Italiens Wiedereinstieg in die Atomkraft – wie sie Berlusconi angestrebt hat – stimmten überwältigende 94 Prozent gegen die Pläne des Cavaliere.
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Votum über Silvios Politik
Italiens Linke hatte das von ihr initiierte Atom-Referendum auch zu einem Votum über Berlusconis Politik gemacht. Und die wurde in einem Polit-Erdbeben abgewatscht. Ein Riesenerfolg für seine Gegner war bereits, dass 57 Prozent am Votum teilgenommen haben. Erstmals seit 16 Jahren ist es gelungen, die 50-Prozent-Hürde zu nehmen. Sonst wäre die Abstimmung gar nicht gültig gewesen.
Bei den ebenfalls gestellten Fragen über die Privatisierung des Wassers und über ein Schutzgesetz für Mitglieder der Regierung wurde das System Berlusconi sogar mit 95 % abgestraft.
Der Ministerpräsident hat bei der Abstimmung hoch gepokert und alles verloren: Er versuchte, das Votum vom Verfassungsgericht verhindern zu lassen, rief zum Boykott auf und erwähnte die Abstimmung in den zahlreichen Medien seines Imperiums kaum. Dann gestand er, noch während die Wahllokale geöffnet waren, die Niederlage ein. Gegner meinen: Das machte er nur, um die Beteiligung möglichst niedrig zu halten.
Alles mobilisiert
Doch die Zivilgesellschaft schaffte die Mobilisierung. Moralinstanz Adriano Celentano hatte die Stimmabgabe zur „Bürgerpflicht“ ausgerufen, Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo machte Stimmung. Und sogar Papst Benedikt sprach sich in der Woche vor dem Votum gegen jede Energieform aus, die „die Schöpfung gefährdet“.
Die Opposition feiert jetzt die „politische Trendwende“ in Italien. Zwei Wochen nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen ist Berlusconi mit dem nächsten Atom-Debakel am Tiefpunkt angelangt. Die Rufe nach dem Rücktritt des „Bunga Bunga“-Cavaliere werden immer lauter.
Kommen Neuwahlen?
Koalitionspartner „Lega Nord“ droht schon mit Neuwahlen. Die rechtspopulistische Regierungspartei, die mit Premier Silvio Berlusconi zu einem Boykott des Referendums aufgerufen hatte, fragt sich, ob der Preis für die politische Allianz mit dem laut Umfragen immer weniger populären Premier Silvio Berlusconi nicht langsam zu hoch wird. Ein Großteil der Lega-Wählerschaft im Norden trotzte den Vorgaben der Partei und beteiligte sich massiv an der Volksabstimmung.
Auch innerhalb der Lega Nord kam es wegen des Referendums zu Spaltungen. Spitzenpolitiker der Partei wie der populäre Präsident der Region Veneto Luca Zaia stimmten mit "Ja" bei allen Referendumsanträgen. Zaia war in den vergangenen Monaten scharf gegen Pläne der Regierung aufgetreten, einen Atommeiler in Chioggia bei Venedig zu bauen. "Das Resultat des Referendums bezeugt, dass Themen wie Atomenergie und Wasserversorgung parteiübergreifend sind, weil sie eine tiefe ethische Komponente beinhalten", meinte Zaia.
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