Ende der Großen Koalition
Berlusconi-Partei sprengt Italiens Regierung
26.11.2013
Forza Italia kündigt Regierungs-Austritt an. Kritik an Haushaltsgesetz.
Wenige Stunde vor der Abstimmung im Senat über den Ausschluss des rechtskräftig verurteilten Ex-Premiers Silvio Berlusconi ist die italienische Regierungskoalition in die Brüche genagen. Berlusconis Mitte-rechts-Partei Forza Italia kündigte am Dienstag den Austritt aus dem Regierungsbündnis an, das seit April das Kabinett von Premier Enrico Letta unterstützt.
Die Ära der Großen Koalition in Rom geht damit zu Ende. „Die Bedingungen für unseren Verbleib in der Regierungskoalition sind nicht mehr vorhanden. Ab heute sind wir in der Opposition“, sagte der Fraktionschef der Forza Italia in der Abgeordnetenkammer Renato Brunetta.
Sowohl Premier Letta als auch Präsident Giorgio Napolitano seien über den Beschluss der Forza Italia informiert worden, berichtete Brunetta. Nach der Spaltung in Berlusconis Lager und der Gründung der neuen Mitte-rechts-Partei „Neue Rechte Mitte“ (NCD) um Innenminister Angelino Alfano ist Letta allerdings nicht mehr auf die Stimmen der Berlusconi-Parlamentarier angewiesen.
Die Forza Italia begründete ihren Schritt mit ihrem Protest gegen das Haushaltsgesetz 2014, das die Regierung Letta über die Bühne bringen will. Es senke nicht den Steuerdruck, wie die Forza Italia verlangt und enthalte keine Steuerentlastungen für Unternehmen. Die Regierung Letta unterzieht sich am Dienstagabend einer Vertrauensabstimmung im Senat, um das Haushaltsgesetz über die Bühne zu bringen.
Berlusconi hatte bereits am Vormittag eine scharfe Attacke gegen die Regierung Letta gerichtet, die seine Partei seit April unterstützt. "Die Regierung ist in ihrer Mission gescheitert", betonte Berlusconi. Sie habe den Steuerdruck nicht reduziert, wie seine Partei Forza Italia verlange.
Berlusconi ist mit Lettas Demokratischer Partei (PD), mit der er im April das Regierungsbündnis eingegangen war, seit Wochen auf Kriegsfuß. Die Parlamentarier der stärksten Regierungspartei werden am Mittwoch für den Ausschluss Berlusconis aus dem Senat infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs stimmen. Berlusconi hatte wiederholt die PD-Parlamentarier aufgerufen, nicht für seinen Rauswurf aus dem Senat zu stimmen. „Berlusconis Ausschluss aus dem Parlament ist der Tod der Demokratie“, kommentierte Brunetta.
Berlusconi rief seine Anhänger zu einer Protestkundgebung gegen seinen Rauswurf aus dem Parlament auf. Die Forza Italia plant am Mittwoch eine Solidaritätskundgebung mit dem Ex-Premier vor seiner Luxusresidenz in Rom. Die Demonstranten wollen danach bis zum Senat ziehen.
Berlusconis Rechtsanwälte arbeiten indes an einer möglichen Neuaufrollung des sogenannten Mediaset-Prozesses, bei dem der Medienzar im August rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden war. „Das italienische Justizsystem ermöglicht eine Neuaufrollung von Prozessen, wenn neue Beweise auftauchen, die bisher nicht überprüft wurden und für die Klärung des Falls wesentlich sein könnten“, betonte Berlusconis Rechtsanwalt Fausto Coppi.
Nach dem Eklat um die rechtskräftige Verurteilung Berlusconis seien neue Zeugen aufgetaucht, berichtete Coppi. Er bemängelte, dass beim Mediaset-Prozess sämtliche Verteidigungszeugen nicht vor Gericht aussagen konnten.