Der angeschlagene Premier will neuen Pakt der gemäßigten Parteien.
Nach einem Wochenende der Proteste gegen ihn und seine Regierung hat Italiens politisch angeschlagener Premierminister Silvio Berlusconi am Montag eine Regierungserklärung im Senat abgegeben. In seiner Ansprache plädierte der Regierungschef für einen großen Pakt der gemäßigten Parteien und warnte vor den Folgen seines Sturzes für die Stabilität Italiens. Die bisher in Rom regierende Mitte-Rechts-Koalition solle auch auf die christdemokratische Oppositionspartei UDC ausgedehnt werden. Die Regierung zu stürzen, wäre ein "Verrat" gegenüber der Wählerschaft, die bei den Parlamentswahlen 2008 mehrheitlich für die Mitte-Rechts-Allianz gestimmt hatte, meinte Berlusconi.
Stabilität
In dieser heiklen wirtschaftlichen Phase brauche Italien dringend Stabilität. Als "politischen Wahnsinn" bezeichnete Berlusconi die Aussicht eines Sturzes der Regierung, der Italien in die Instabilität treiben würde. Der Premierminister erklärte sich bereit, über das von seinem Ex-Verbündeten Gianfranco Fini geforderte neue Wahlrecht zu diskutieren. "Alles ist möglich, nur nicht eine neue Regierung mit der Opposition, die ein Verrat den Wählern gegenüber wäre", betonte Berlusconi. Er hob in seiner Ansprache die Leistungen seines Mitte-Rechts-Kabinetts hervor. Dank der Maßnahmen zur Eindämmung der Verschuldung und des Defizits sei Italien heute kein Problemfall für Europa.
Berlusconi wird am Montagabend eine Regierungserklärung vor der Abgeordnetenkammer abgeben. Am Dienstag muss sich der Regierungschef dann im Abgeordnetenhaus zwei Misstrauensanträgen stellen, im Senat stellt das Kabinett selbst die Vertrauensfrage. Nach dem Bruch mit Berlusconis früherem Verbündeten Fini verfügt die Regierung im Abgeordnetenhaus nicht länger über eine Mehrheit. Im Senat dagegen hat Berlusconi nach wie vor eine stabile Mehrheit.
Zuversichtlicher Cavaliere
Berlusconi meint jedoch, dass er auch in der Abgeordnetenkammer das Vertrauen erhalten wird. "Berlusconi wird die Vertrauensabstimmung in beiden Kammern gewinnen", versicherte der Sprecher des Premiers Paolo Bonaiuti. Hoffnung gibt ihm die "Rebellenfront" um Fini, die zu bröckeln scheint. Einige Abgeordnete um den Fini-Anhänger Silvano Moffa kündigten am Montag an, sie wollten im Gegensatz zu den Parteirichtlinien für die Regierung Berlusconi stimmen. Damit kann Berlusconi auf Rettung hoffen. Laut der römischen Tageszeitung "La Repubblica" werden 313 Abgeordnete in der Kammer am Dienstag gegen das Vertrauen stimmen und 311 dafür, wobei sich drei noch unsicher seien. Auch mit Abwesenheiten sei zu rechnen. Um weiterzuregieren, muss Berlusconi mindestens 316 Stimmen in der Abgeordnetenkammer erhalten. Im Senat verfügt Berlusconi über eine solidere Mehrheit.
Warnung vor Postenschacher
Die Oppositionsparteien warnten erneut vor Postenschacher in der Politik. Einige für das Ergebnis der Abstimmung entscheidenden Abgeordneten seien durch Bestechung zum Parteiwechsel gedrängt worden, behaupteten Parlamentarier der Opposition. Der Chef der Oppositionspartei "Italien der Werte" (IDV), Antonio Di Pietro, erklärte am Montag, er habe bei den Justizbehörden die Namen derjenigen gemeldet, die für die Korruption der Parlamentarier verantwortlich seien.
Der mit Berlusconi verbündete Chef der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega Nord, Umberto Bossi, drängt auf vorgezogene Parlamentswahlen. "Mit einer Stimme mehr kann man nicht regieren, die einzige Lösung sind Neuwahlen", meinte Bossi. Ein technisches Kabinett unter der Führung von Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, wie sie Fini vorschlägt, hält Bossi für unrealistisch. "Tremonti ist nicht blöd, er will in einer derartigen Situation bestimmt nicht regieren. Nur der verrückte Berlusconi kann es tun", sagte Bossi im Gespräch mit Journalisten.