Kandidatur
Berlusconi will wieder an Italiens Spitze
06.12.2012
Die "Volk der Freiheit"-Partei versucht sich als verlässlich darzustellen.
Nach langem Hickhack, der seine Partei in eine tiefe Ungewissheit gestürzt hat, hat Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi seine Kandidatur für das Premieramt angekündigt. "Berlusconi hat heute seine Bereitschaft bekundet, als Premierkandidat am Wahlkampf teilzunehmen. Er hat schließlich die Parlamentswahlen 2008 gewonnen. Als Titelträger hat er das Recht, seine Kandidatur einzureichen", kündigte der Chef der Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della liberta), Angelino Alfano, am Donnerstagabend an.
Streitigkeiten
In Italien versucht die Berlusconi-Partei, sich trotz des Boykotts von zwei Vertrauensabstimmungen am Donnerstag als verlässlicher Partner darzustellen. "Wir haben Monti ein Signal gegeben, haben uns aber weiterhin verantwortungsbewusst verhalten", erklärte Alfano. Die Partei werde die Regierung nicht stürzen. Jetzt sei es wichtig, im Parlament das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr durchzubringen.
Während in der Abgeordnetenkammer das Vertrauensvotum stattfand, das die Regierung auch ohne die Unterstützung des PdL bewältigen konnte, verabschiedete das Kabinett Monti ein Dekret, wonach für sechs Jahre nicht mehr in das Parlament gewählt werden kann, wer bei bestimmten Delikten definitiv zu mehr als zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Gegen das Dekret hatte sich Berlusconis PdL heftig gewehrt. Gegen Berlusconi laufen noch mehrere Prozesse.
Der PdL-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Fabrizio Cicchitto, sagte am Donnerstag in Rom, seine Partei werde sich weiterhin verantwortungsvoll verhalten. "Wir werden unserer Pflicht auf das äußerste nachkommen, damit die Parlamentskammer arbeiten kann", erklärte er. Damit deutete er an, dass seine Partei nicht gegen eine Wirtschaftsreform stimmen werde.
Napolitano besorgt
Präsident Giorgio Napolitano beobachtet besorgt die politischen Entwicklungen in Rom. Es gelte, ein turbulentes Ende der Regierung zu verhindern. Wirtschaftsminister Vittorio Grilli gab zu, dass die Situation schwierig sei, das Land stehe jedoch nicht am Abgrund. Die Regierung bleibe ihrem Reformkurs verpflichtet. Grilli mahnte, die europäischen Partner und die Finanzmärkte beobachteten Italien.
Premier Monti zeigte sich unbesorgt. "Napolitano muss die Situation bewerten, wir setzen unsere normale Arbeit fort, es gibt genug zu tun", kommentierte Monti.
Besorgt über die politischen Entwicklungen in Rom zeigte sich die christdemokratische UDC. "Es ist der reine Wahnsinn. Jemand will, dass Italien wie Griechenland endet", klagte UDC-Chef Pier Ferdinando Casini, der den Chef der Demokratischen Partei (PD, zweitstärkste Koalitionspartei im römischen Parlament) Pierluigi Bersani traf, um die politische Situation zu besprechen. Dieser sparte nicht mit Attacken gegen den PdL. "Der PdL ist verantwortungslos. Wir bekräftigen unsere Loyalität der Regierung gegenüber, die bis Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben soll", kommentierte Bersani.