In der Kunstwelt ist Banksy als der geheimnisvollste Street-Art-Künstler bekannt. Kaum jemand weiß, wer hinter den ikonischen Werken steckt, die von London bis ans Westjordanland reichen.
Steve Lazarides, Banksys langjähriger Agent und Fotograf, gibt nun tiefere Einblicke in die Beweggründe für die mysteriöse Anonymität des Künstlers.
"Weiß, warum er anonym bleiben muss“
Steve Lazarides, einst enger Vertrauter und Agent des Künstlers, arbeitete zwischen 1997 und 2008 mit Banksy zusammen. Die beiden lernten sich in den späten 1990er Jahren in Bristol (England) kennen und fanden rasch eine gemeinsame Basis in ihrer Leidenschaft für Graffiti und unkonventionelle Street Art. Lazarides beschreibt diese Zeit als „glorreich“ und als „eine wilde Fahrt“. Heute, Jahre später, trennt er sich von Erinnerungsstücken aus diesen aufregenden Jahren – darunter Drucke, Kunstwerke und private Korrespondenz mit dem Künstler.
Am 5. März 2021 fotografieren Passanten ein Kunstwerk des Graffiti-Künstlers Banksy an der Außenmauer des Gefängnisses HMP Reading. Es zeigt einen Gefangenen, der mit einer Schreibmaschine entkommt – eine Hommage an den ehemaligen Insassen Oscar Wilde.
Am Donnerstag kommen bei Julien's Auctions in Los Angeles (USA) mehr als 170 dieser Raritäten unter den Hammer. Die Preise werden bereits hoch eingeschätzt: Eine Schablone mit einer Ratte, die einen Bohrer hält, könnte bis zu 150.000 Pfund (ca. 175.000 Euro) einbringen. Auch der Druck von „Girl With Balloon“, eines der berühmtesten Werke Banksys, soll laut Experten bis zu 60.000 Pfund (ca. 70.000 Euro) erzielen.
Der Aufstieg von Banksy
Seitdem Banksy mit seinem einzigartigen Stil die Straßen Londons, Brightons und Bristols erobert hat, gelten seine Werke als wertvolle Sammlerstücke, die hohe Preise erzielen. Doch nicht nur seine Kunst, sondern auch seine Persönlichkeit fasziniert weltweit. Lazarides ist davon überzeugt, dass Banksy seine Anonymität aus gutem Grund wahrt: Was einst als Schutzmaßnahme begann, um mögliche Konflikte mit den Behörden zu vermeiden, wurde später zu einer unverzichtbaren Lebensweise.
Ein Gemälde eines Nashorns, natürlich ebenfalls von Banksy, schmückt am 12. August 2024 eine Wand im Londoner Stadtteil Charlton.
„Seine Anonymität wurde fast zur Krankheit“, sagte Lazarides in einem Interview mit der britischen Zeitung The Mirror. Die geheim gehaltene Identität des Künstlers führte dazu, dass jeder seine ganz eigene Vorstellung von Banksy hat – für viele gilt er als eine Art „Volksheld“, dessen Bild sich in den Köpfen der Menschen ganz unterschiedlich darstellt.
Wertvolle Erinnerungen und ungewöhnliche Maßnahmen
Um die Geheimhaltung zu bewahren, nutzten Lazarides und Banksy regelmäßig Wegwerf-Handys. Der Künstler besprach jedes Street-Art-Projekt nur über günstige Prepaid-Telefone. Lazarides kaufte in gewissen Phasen alle paar Wochen neue Geräte und stellte sicher, dass diese nie im selben Laden gekauft wurden. Auf diese Weise blieb Banksys Identität bis 2008 ein gut gehütetes Geheimnis.
Love Is In The Air von Banksy wird auf etwa 40.000 Pfund geschätzt, was aktuell ungefähr 46.000 Euro entspricht.
In jenem Jahr veröffentlichte die britische Mail on Sunday eine Untersuchung, die Banksy als Robin Gunningham aus Bristol entlarven sollte. Lazarides dementierte dies zwar, doch Forscher der Queen Mary University in London fanden später Hinweise, die die Vermutung unterstützen. Mittels geografischem Profiling, einer Technik, die auch von der Polizei zur Verbrecherfahndung verwendet wird, analysierten sie Orte, an denen Banksys Werke entstanden, und stellten Verbindungen zu Adressen her, die Gunningham häufig besuchte.
Prominente Unterstützer
Zu Banksys prominenten Bewunderern zählen bekannte Persönlichkeiten wie Brad Pitt und Angelina Jolie. Das Paar beauftragte Banksy vor einigen Jahren mit einem Werk für ihre private Galerie auf ihrem Anwesen in Südfrankreich. Auch dies trug zur globalen Nachfrage bei, und Banksys Werke erzielen heute bei Auktionen Höchstpreise. In einem auf YouTube veröffentlichten Video spricht Lazarides begeistert über seine erste Begegnung mit Banksy: „Ich hörte das erste Mal von Banksy bei einem Treffen bei Sleazenation. Ich traf ihn, sah seine Arbeit und war sofort begeistert. Seine Kunst hatte eine Botschaft, sie war witzig und anders. Er zeigte Mut und brachte seine Werke an Orte, die sich sonst niemand traute.“
Sein teuerstes Werk, „Love is in the Bin“, erzielte 2021 bei einer Auktion den beeindruckenden Verkaufspreis von 18,6 Millionen Pfund (ca. 21,8 Millionen Euro) und unterstreicht damit den wachsenden Einfluss Banksys in der Kunstwelt.
Das "Love is in the Bin" des britischen Künstlers Banksy während einer Pressevorschau im Auktionshaus Sotheby's am 12. Oktober 2018 in London, Vereinigtes Königreich.
Die kommende Versteigerung von Lazarides‘ Sammlung dürfte die Faszination für Banksy nur weiter befeuern.