Hamburger Prozess

Bewährungsstrafe für Ex-SS-Wachmann

23.07.2020

Zwei Jahre Jugendhaft für 93-Jährigen, der sich im Schlussplädoyer bei Opfern entschuldigt hatte. 

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© APA/AFP/POOL/Daniel Bockwoldt
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Der ehemalige SS-Wachmann Bruno D. ist vom Hamburger Landgericht am Donnerstag zu zweijähriger Jugendhaft auf Bewährung verurteilt worden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 93-Jährige in den Jahren 1944 und 1945 mehrere Monate als Jugendlicher zur Wachmannschaft des Konzentrationslagers Stutthof gehört hatte. Er habe sich damit der Beihilfe zum Mord in 5.232 Fällen und zum versuchten Mord in einem Fall schuldig gemacht.
 
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Jugendstrafe von drei Jahren Haft gefordert. Der damals 17 bis 18 Jahre alte SS-Wachmann habe gewusst, was in der Gaskammer des Lagers bei Danzig passierte und dass Menschen in einem Nebenraum des Krematoriums erschossen wurden.
 
Die Vertreter der rund 40 Nebenkläger - darunter Überlebende des Lagers und Hinterbliebene von KZ-Opfern - hatten eine Verurteilung des Angeklagten, aber keine über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgehende Strafforderung gestellt. Einige Nebenkläger äußerten ausdrücklich den Wunsch, der Angeklagte möge nicht inhaftiert werden. Ein hochbetagter Stutthof-Überlebender in Israel erklärte, man solle dem Angeklagten vergeben.
 

Vergebung

Der 93-Jährige hatte zum Auftakt des Verfahrens im Oktober vergangenen Jahres eingeräumt, dass er vom 9. August 1944 bis zum 26. April 1945 Wachmann in Stutthof war. Allerdings sei er das nicht freiwillig gewesen. Als nicht fronttauglicher Wehrmachtssoldat sei er zum Wachdienst in dem KZ abkommandiert worden.
 
In seinem Schlusswort am Montag bat Bruno D. die Opfer um Vergebung. "Heute möchte ich mich bei allen Menschen, die durch diese Hölle des Wahnsinns gegangen sind, und bei ihren Angehörigen und Hinterbliebenen entschuldigen", sagte er. Es belaste ihn bis heute, was damals in dem Lager bei Danzig geschehen sei. "Das darf sich niemals wiederholen."
 
Nach dem Urteil im Stutthof-Prozess führen deutsche Staatsanwaltschaften noch 14 Ermittlungsverfahren. Offen seien drei Verfahren zum früheren KZ Buchenwald und acht zu jenem in Sachsenhausen, so die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen. Zudem beschäftige auch das oberösterreichische Konzentrationslager Mauthausen mit jeweils einem Verfahren die Staatsanwaltschaften München I und Berlin.
 
Die Verfahren wurden durch eine Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) im September 2016 ermöglicht. Dieses hatte die Verurteilung des früheren SS-Mannes Oskar Gröning wegen Beihilfe zum massenhaften Mord bestätigt, obwohl ihm keine konkrete Tat nachgewiesen werden konnte, wie dies zuvor von deutschen Gerichten jahrzehntelang gefordert worden war.
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