Wiener Forscher knackten Zahlencode aus der Offenbarung des Johannes.
Lange wurde gerätselt, wer sich hinter dem "Untier" mit der Zahl 666 aus der biblischen Offenbarung des Johannes verbirgt. Historiker der Uni Wien wollen nun mithilfe eines speziellen Programms die Frage geklärt haben. Vermutete man bisher Nero, Domitian oder Hadrian hinter der Zahl, geht Hans Taeuber vom Institut für Alte Geschichte davon aus, dass Kaiser Trajan gemeint sei, teilte die Uni mit.
In der Antike waren sogenannte "isopsephische Rätsel" beliebt. Sie beruhen auf dem Prinzip, dass jeder Buchstabe des griechischen Alphabets einen Zahlenwert hat: Alpha eins, Beta zwei, Iota zehn, Kappa 20, Rho 100, Sigma 200 usw. Addiert man die Werte der Buchstaben eines Namens, ergibt sich eine Summe, aus der Eingeweihte den Namen erschließen konnten. So fanden sich etwa bei Ausgrabungen in Ephesos verklausulierte Liebeserklärungen als Graffiti, etwa: "Ich liebe die, deren Zahl 865 ist" oder "Und der, der sie liebt, hat die Zahl 1995".
Code entschlüsselt
War damals die Zahl der in Frage kommenden Personen wohl überschaubar, ist man heute auf technische Hilfsmittel angewiesen, um diese Codes zu entschlüsseln. Die Informatikstudentin Diana Altmann hat unter Anleitung Taeubers in ihrer Diplomarbeit ein Programm entwickelt, mit dessen Hilfe die Zahlenwerte aller in Kleinasien nachgewiesenen Personennamen berechnet werden können. Die Datenbasis wurde vom Autor eines Lexikons für griechische Personennamen (Richard Catling) zur Verfügung gestellt.
"Damit ist es uns nun möglich, zu jeder 'Rätselzahl' eine Liste antiker Personennamen zu erstellen, auf die die betreffende Quersumme zutrifft", so Taeuber. Dabei könne eine beliebige Kombination orthographischer Varianten berücksichtigt werden.
"Und seine Zahl ist 666"
Mit diesem Programm sind die Wissenschafter auch einem alten biblischen Rätsel nachgegangen: Im Kapitel 13 der Offenbarung des Johannes, der "Apokalypse", aus dem Neuen Testament, wird ein "Untier" (Therion) beschrieben, dem der "Drache" (Satan) große Macht verliehen hat und dessen Bild alle Menschen anbeten müssen. Und weiter heißt es: "Hier ist die Weisheit. Wer Verstand hat, berechne die Zahl des Tieres, denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist 666."
Der Kontext legt nach Angaben des Historikers nahe, dass es sich um einen römischen Kaiser handeln dürfte. Tatsächlich wollten verschiedene Forscher über die Jahrhunderte hinweg darin Nero, Domitian und Hadrian identifiziert haben. Taeubers Programm führte bei der Zahl "666" allerdings zu einem anderen Ergebnis: nämlich "Ulpius", der Familienname des Kaisers Marcus Ulpius Traianus, der von 98 bis 117 n. Chr. regierte.
Warum Trajan bisher nicht in Betracht gezogen wurde, liegt daran, dass das Sigma am Ende von "Ulpius" als "200" gewertet wurde und sich daraus eine andere Summe ergab. Taeuber konnte jedoch zeigen, dass aufgrund unterschiedlicher Schreibweisen das "Schluss-Sigma" auch einen anderen Zahlenwert annehmen konnte.
Zwar sind von Trajan keine systematischen Christenverfolgungen bekannt. Er habe aber dennoch befohlen, Christen, die sich weigerten, den heidnischen Göttern zu opfern, mit dem Tode zu bestrafen. Taeuber sieht zudem Indizien, die auf eine Entstehungszeit der Offenbarung in trajanischer Zeit hindeuten - womit die "Apokalypse" mindestens zwei Jahrzehnte jünger als bisher allgemein angenommen wäre.