Ukraine-Krise
Biden telefonierte mit ukrainischem Präsidenten Selenskyj
13.02.2022US-Mitarbeiter bei OSZE-Mission ziehen aus Ostukraine ab.
Kiew/Moskau/Washington. Der Reigen von Gesprächen auf höchster Ebene zur Lösung des Ukraine-Konflikts ist am Sonntag weitergegangen. Einen Tag nach seinem Telefonat mit Kreml-Chef Wladimir Putin sprach US-Präsident Joe Biden auch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident lud Biden zu einem baldigen Besuch in der Ukraine ein, teilte Selenskyjs Büro im Anschluss mit.
"Ich bin überzeugt, dass Ihre Ankunft in Kiew in den kommenden Tagen, die für die Stabilisierung der Lage entscheidend sind, ein starkes Signal sein und zur Deeskalation beitragen wird", zitierte das Präsidialamt Selenskyjs Worte zu Biden. Der Sender CNN zitierte einen ungenannten ukrainischen Beamten mit den Worten, Biden habe nicht positiv auf die Idee reagiert. Das Weiße Haus lehnte eine Stellungnahme zu der Einladung ab. Das Gespräch habe etwa 50 Minuten gedauert, hieß es aus Washington. Biden habe erneut klar gemacht, dass die USA bei einer russischen Aggression schnell und entschlossen antworten würden.
Weitere Rückzugsschritte
Zuvor hatten die USA weitere Rückzugsschritte aus der Ukraine gesetzt. Die US-Mitarbeiter der OSZE-Mission in der Ostukraine seien mit dem Auto aus Donezk weggefahren, sagte ein Augenzeuge. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) habe ihre Mitglieder, darunter Russland, über die Entscheidung mehrerer Länder informiert, "ihre an der Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine beteiligten Bürger 'aufgrund der Verschlechterung der Sicherheitslage' zu verlegen", sagte die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa. "Diese Entscheidungen können uns nur ernsthaft beunruhigen."
Sacharowa rief die OSZE auf, "Versuche, die Mission zu manipulieren, entschieden zu stoppen". Um welche Länder es sich handelt, war unklar. Österreich ist laut dem Bundesheer derzeit mit einem Beobachter an der SMM beteiligt. Seit März 2014 sind hunderte OSZE-Beobachter in der Ukraine stationiert, um insbesondere die Waffenruhe zwischen den pro-russischen Separatisten und der ukrainischen Armee zu beobachten.
Unterdessen beantragte die Ukraine eine Sondersitzung der OSZE, bei der Russland seine Militäraktivitäten erläutern solle. Die Sicherheitsorganisation solle innerhalb von 48 Stunden zu Beratungen über die russischen Truppenkonzentrationen rund um die Ukraine zusammenkommen, gab der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Sonntagabend bekannt. Dies sei der "nächste Schritt", nachdem das Nachbarland einer Aufforderung zur Offenlegung seiner Militäraktivitäten nicht nachgekommen sei. Grundlage ist das sogenannte "Wiener Dokument" über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen.
Biden warnte Putin
Biden und der französische Präsident Emmanuel Macron hatten am Samstag nacheinander mit Putin telefoniert. Sie versuchten erneut, eine Eskalation im Konflikt um die Ukraine abzuwenden. Biden warnte Putin eindringlich vor einer Invasion und drohte einmal mehr mit schwerwiegenden Konsequenzen. Gleichlautend äußerte sich am Sonntag auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz, der am Montag in Kiew und am Dienstag in Moskau erwartet wurde. Der aktuelle Konflikt sei eine "sehr, sehr ernste Bedrohung des Friedens in Europa", und eine russische Aggression würde mit "harten Reaktionen und Sanktionen" beantwortet werden. Vor seiner Reise stellt Berlin der Ukraine weitere Rüstungshilfe in Aussicht - unterhalb der Schwelle tödlicher Waffen. Putin wiederum kritisierte die Haltung des Westens.
Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan verteidigte die US-Warnungen vor einer russischen Invasion. "Nur ein Land hat mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Das sind nicht die Vereinigten Staaten. Es ist Russland. Das ist der Auslöser für den Alarm", sagte Sullivan am Sonntagvormittag (Ortszeit) in CNN.
Der amerikanische Außenminister Antony Blinken sagte am Samstag vor Journalisten in Honolulu, die hohe und unmittelbare Gefahr einer russischen Militäraktion in der Ukraine rechtfertige den Abzug eines Großteils der Mitarbeiter der US-Botschaft in Kiew. Das Außenministerium hatte den Abzug zuvor angekündigt.
Debatte um die Zukunft
In der Debatte um die Zukunft der Ukraine lehne die deutsche Regierung ebenso wie Frankreichs Präsident Macron eine "Finnlandisierung" des Landes ab - also eine Neutralität, hieß es in den Regierungskreisen. Man sei zudem dagegen, dass die NATO ein Beitritts-Moratorium verhänge. Russland fordert, dass die NATO einen Ukraine-Beitritt ausschließt.
Trotz der Spannungen mit Russland sieht die Ukraine zurzeit keinen Grund zur Sperrung ihres Luftraums. Mychailo Podoljak, ein Berater des Stabschefs des Präsidenten, nannte eine solche Überlegung "Unsinn". Falls Luftfahrtunternehmen ihre Flugpläne änderten, habe dies nichts mit Entscheidungen des ukrainischen Staates zu tun. Ihn erinnere das an eine "Teil-Blockade". Die niederländische Airline KLM hatte am Samstag erklärt, ihre Flugverbindungen in die Ukraine mit sofortiger Wirkung einzustellen.
Bei der deutschen Lufthansa und ihrer österreichischen Tochter Austrian Airlines wird die Lage beobachtet. "Zusammen mit den Behörden beobachten wir die Lage in der Ukraine laufend und nehmen gegebenenfalls weitere Anpassungen in unserem Flugplan vor", erklärte eine AUA-Sprecherin am Sonntag auf APA-Anfrage. Die Sicherheit der Crews und Passagiere habe dabei oberste Priorität, betonte sie. Bereits vor einigen Wochen seien Übernachtungen in der Ukraine ausgesetzt worden und man halte die Aufenthaltszeit der Crews so kurz wie möglich.