US-Präsident Joe Biden hat die Demokratische Partei nach seinem Ausstieg aus dem Wahlkampf auf die neue Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris eingeschworen.
US-Präsident Joe Biden hat die Demokratische Partei nach seinem Ausstieg aus dem Wahlkampf auf die neue Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris eingeschworen. "Seid ihr bereit, Kamala Harris und Tim Walz zu wählen?", rief Biden beim Parteitag der Demokraten am späten Montagabend (Ortszeit) in Chicago den Tausenden Delegierten zu. "Seid ihr bereit, für Freiheit zu stimmen?" Er betonte: "Die besten Tage liegen nicht hinter uns, sondern vor uns."
Seine Rede wurde immer wieder von Jubel unterbrochen. Biden musste auch mehrmals mit Tränen kämpfen.
Emotionale Rede
Biden hat sich bei seinem Auftritt beim Parteitag der Demokraten in Chicago emotional gezeigt. Bei der Begrüßung durch seine Tochter Ashley auf der Parteitagsbühne wischte sich der 81-Jährige die Augen. Die 43-Jährige hatte mit einer ebenfalls emotionalen Rede über ihre Kindheit und ihren Vater gesprochen. Sie bezeichnete ihn dabei als ihren "besten Freund" und als einen "Kämpfer, der sein ganzes Leben lang unterschätzt wurde".
Joe Biden trat nach ihr ans Rednerpult und fasste sich ans Herz, während ihn der Saal bejubelte. "Ich liebe dich", sagte er an seine Tochter gerichtet.
Auch seiner Frau Jill machte er eine Liebeserklärung und sagte, sein Herz klopfe noch immer wild, wenn sie die Treppe herunterkomme. Familie sei alles, betonte er. "Familie ist der Anfang, die Mitte und das Ende." Zum Abschluss des Abends kam Bidens Familie nochmals gemeinsam auf die Bühne, darunter auch Bidens Enkelsohn Beau.
Ashley Biden ist die Tochter aus der zweiten Ehe des Demokraten mit der First Lady Jill Biden. Als junger Mann hatte Joe Biden 1972 seine damalige erste Frau Neilia und die gemeinsame Tochter Naomi bei einem Autounfall verloren. Seine Söhne Beau und Hunter überlebten. 2015 starb Bidens Sohn Beau allerdings im Alter von 46 Jahren an den Folgen eines Hirntumors.
Joe Biden erwähnt seinen Sohn Beau und seinen Schmerz über dessen Tod oft in Reden. Hunter Biden wiederum machte in der Vergangenheit viele Schlagzeilen mit Alkoholabhängigkeit, Drogensucht oder windigen Geschäften - und zuletzt mit einer Verurteilung in einem Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Waffenrecht. Ashley dagegen steht weit weniger öffentlich im Fokus.
Der US-Präsident war im Juli aus dem Rennen um eine zweite Amtszeit ausgestiegen. Der Demokrat war wegen seines Alters und Zweifeln an seiner mentalen Fitness in der eigenen Partei massiv unter Druck geraten. Harris rückte nach und konnte in kurzer Zeit die Partei hinter sich versammeln. Walz ist ihr Vizepräsidentschaftskandidat.
Harris mit Überraschungs-Auftritt
Zuvor trat Harris überraschend auf dem Parteitag auf. Die US-Vizepräsidentin nutzte die Gelegenheit, um die Delegierten auf den bevorstehenden Wahlkampf gegen ihren republikanischen Rivalen Donald Trump einzuschwören. "Lasst uns für die Ideale kämpfen, die uns am Herzen liegen, und lasst uns immer daran denken, wenn wir kämpfen, werden wir gewinnen", rief Harris unter tosendem Applaus.
Mit ihrem Überraschungsauftritt setzte Harris zum Auftakt des viertägigen Parteitags in Chicago ein Zeichen für den Zusammenhalt der Partei und die Entschlossenheit, im Kampf um das Weiße Haus alle Kräfte zu mobilisieren. Ihr kurzer Auftritt war ursprünglich nicht geplant.
Clinton attackiert Trump
Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton sieht unterdessen die Nominierung von Harris als wegweisenden Schritt für das Land. Amerika sei kurz davor, die höchste und härteste gläserne Decke zu durchbrechen, sagte Clinton, die 2016 selbst als Präsidentschaftskandidatin angetreten war, beim Parteitag. "Wir schreiben ein neues Kapitel in der Geschichte Amerikas", sagte die 76-Jährige unter großem Jubel. "Die Zukunft ist hier."
Harris will die erste Präsidentin der US-Geschichte werden. Hillary Clinton war 2016 die erste Präsidentschaftskandidatin einer der großen Parteien in den USA gewesen. Sie hatte damals Geschichte schreiben und als erste Frau auf den Chefsessel im Weißen Haus aufrücken wollen. Sie unterlag damals jedoch ihrem republikanischen Kontrahenten Donald Trump, gegen den auch Harris nun im November antreten wird.
Clinton sagte über Trump: "Er macht sich über ihren Namen und ihr Lachen lustig - kommt mir bekannt vor." Sie argumentierte, der Kontrast der beiden Kandidaten könnte kaum größer sein. "Kamala kümmert sich um Kinder, Familien und Amerika. Donald kümmert sich nur um sich selbst." Harris kämpfe für die Menschen im Land. "Ich kenne ihr Herz und ihre Integrität."
Die Ehefrau des Ex-US-Präsidenten Bill Clinton war von 1993 bis 2001 First Lady der Vereinigten Staaten. Später war sie Senatorin und Außenministerin unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama.
Walz bestätigt
Zuvor bestätigten die US-Demokraten bei ihrem Parteitag Walz als Vizepräsidentschaftskandidaten für die Wahl im November. Die mehreren Tausend Delegierten stimmten in einem rein zeremoniellen Votum für den Gouverneur des Bundesstaates Minnesota als sogenannten Running Mate für Harris. Die beiden waren bereits vor dem Parteitag per Online-Abstimmung offiziell nominiert worden.
Die Partei hatte die Kandidatenkür vorgezogen und digital abgewickelt - wegen Fristen für den Druck von Wahlzetteln in einem Bundesstaat. Das Abstimmungsprozedere in Chicago ist deshalb rein symbolischer Natur. Für Harris ist laut Partei in der Nacht auf Mittwoch mitteleuropäischer Zeit ein solches zeremonielles Votum vorgesehen.
Walz soll in der Nacht auf Donnerstag eine große Rede beim Parteitag halten, Harris in der Nacht auf Freitag. Der Auftritt der 59-Jährigen ist das große Finale der viertägigen Versammlung, die vor allem dazu dienen soll, das neue Duo zu zelebrieren und ihnen Schwung für den weiteren Wahlkampf zu geben.
Der Parteitag der US-Demokraten in Chicago wurde von großen propalästinensischen Demonstrationen begleitet. Mehrere tausend Menschen schlossen sich am Montagnachmittag einem Protestzug zum Veranstaltungsort an, wo am Abend (Ortszeit) das Hauptprogramm des viertägigen Treffens startete. Der Protest richtete sich in erster Linie gegen das Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen und die militärische Unterstützung der USA für Israel.