Warnung

Bischof: Assad-Sturz wird zu Christenverfolgung führen

13.04.2017

Chaldäischer Bischof und Caritas-Leiter Antoine Audo befürchtet Teilung Syriens mit Rache der Sunniten.

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© APA/AFP/Syrian Presidency Facebook page/HO
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Der chaldäische Bischof von Aleppo (und Präsident der syrischen Caritas), Mar Antoine Audo, hat auf "Radio Vatikan" vor dem von den USA betriebenen Sturz von Machthaber Baschar al-Assad gewarnt, wie die Kathpress am Donnerstag berichtete. Wenn das Regime fällt, gäbe es kaum noch Interessensgruppen, die die Christen vor der Verfolgung durch die sunnitischen Muslime schützen könnten, so Audo.

"Es gibt ein Projekt, Syrien zu teilen", erläuterte der Bischof: "Wir dachten ja früher immer: Das, was im Irak passierte, kann bei uns nicht passieren. Aber jetzt sehen wir das alles". Den Christen könnte dann die Vertreibung aus Syrien drohen.

Momentan stuft Audo die Lage zwar noch nicht so akut ein, skeptisch bleibt er dennoch: "Offenbar hat die syrische Regierung die Kontrolle der Linie wiedererlangt, die sich von Damaskus bis nach Aleppo zieht, aber gleichzeitig gehen die Angriffe weiter. Es ist noch nicht vorbei."

Audo zweifelt nicht daran, dass der Krieg schon lange vorüber wäre, hätten sich nicht ausländische Akteure eingemischt. Syrer würden unter sich schon eine Lösung finden. Die Vereinigten Staaten hätten zwar bestätigt, keine weiteren Einsätze im Ausmaß von vergangener Woche zu planen, aber auch ohne dem könnten sie die Situation in Syrien drastisch verändern.

Grund für ihre Intervention war ein mutmaßlichen Giftgasangriff auf die von Rebellen gehaltene Ortschaft Khan Sheikhoun. Dabei kamen fast 90 Menschen ums Leben. Am Freitag griffen die USA daraufhin erstmals die syrische Armee an und feuerten 59 Marschflugkörper auf einen Stützpunkt der syrischen Luftwaffe. Während die USA davon ausgehen, syrische Flugzeuge hätten Gasbomben abgeworfen, haben aus Sicht ihrer Kontrahenten konventionelle Bomben ein Waffenlager der Rebellen getroffen, in dem der chemische Kampfstoff gelagert wurde.

Audo beschreibt die Sicht der syrischen Bevölkerung so: "Das Eingreifen Trumps war wirklich für alle eine Überraschung! Das ist etwas Neues - es wirkt wie ein Wandel in der Militärpolitik auf internationalem Level. Aber keiner weiß, wohin die Reise geht. Hier in Syrien fragen sich die Leute: War vielleicht diese Sache mit den Chemiewaffen nur eine Vorbereitung für dieses Eingreifen? Um die öffentliche Meinung in der Welt darauf vorzubereiten?" Sympathisanten der Rebellen würden den Luftschlag der Amerikaner begrüßen, immerhin sei das Ziel ihr Gegner, die Regierung, gewesen. Der Rest der syrischen Bevölkerung warte noch ab, wie es weitergehen könnte, so der Bischof.

Die chaldäischen Christen seien zwischen Angst und Freude hin- und hergerissen, könnten sie doch das erste Mal seit Jahren in Aleppo ohne Belagerungsring und Bombardements Ostern feiern. Dass das Assad-Regime die Stadt eingenommen hat, empfinden die Christen in der ehemaligen Wirtschaftsmetropole als Befreiung.

Audo merkt den städtischen Aufschwung an der starken Teilnahme am Gottesdienst, so auch vergangenen Freitag: "Die Kirche war viel voller als sonst. Dieser Glaube ist etwas Außerordentliches. Er ist alles, was wir noch haben, denn wir sind ohne politische oder wirtschaftliche Mittel", sagte er.

Im März 2011 forderte die syrische Protestbewegung den Sturz der Regierung unter Präsident Assad. Er ließ die Demonstrationen blutig niederschlagen. Seit der bewaffneten Eskalation hat der Syrien-Krieg mehr als 250.000 Menschenleben gefordert und fast zwölf Millionen zu Flüchtlingen gemacht, was etwa der Hälfte der syrischen Bevölkerung entspricht.

Noch immer stehen Gebiete in Syrien unter der Kontrolle der radikalislamistischen Terrororganisation "Islamischer Staat". Verschiedene Rebellengruppen halten Gebiete in ländlichen Regionen. Eine Ende des Krieges ist nicht in Sicht, auch wenn die amerikanische Intervention einen Wandel mit sich bringen könnte.
 

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