25 Tote und 1.000 Verletzte sind nicht genug. In Kiew deuten alle Zeichen auf Krieg.
In der Nacht auf Mittwoch erlebte Kiew die blutigsten Stunden seit Beginn der Proteste gegen das Regime von Präsidenten Viktor Janukowitsch. Bilanz der Schlacht: 25 Tote, mehr als 1.000 Verletzte.
Molotowcocktails, Tränengas und Barrikaden
Die Facts: der Majdan-Platz als Kriegszone. Ein einziges, bizarres Trümmerfeld, auf dem um jeden Meter gekämpft wird. Erst rückten Tausende Polizisten vor, feuerten Gummigeschosse, Blendgranaten, Tränengaskartuschen: „Sie rollten sogar mit Panzerwagen auf unsere Barrikaden zu“, versucht Viktor Nowak (38), ein IT-Techniker, die Dramatik der Nacht auf Mittwoch zu beschreiben. Die Demonstranten hielten dagegen: mit Molotowcocktails, Pflastersteinen, brennenden, mit Benzin gefüllten Autoreifen, Schlagstöcken, Steinschleudern.
Die Spuren der Blutnacht spiegeln den ganzen Irrsinn wider: ausgebrannte Panzerwagen, gespenstisch verkohlte Polizeitransporter auf der einen Seite der Barrikaden. Daneben abgekämpfte, blutjunge Polizisten. Rußgeschwärzt im Gesicht, erledigt. Ebenso schrecklich das Bild auf der anderen Seite: das Hauptquartier der Demonstranten abgefackelt. Vitali Klitschkos Büro ausgebrannt.
Jetzt kommen noch mehr blutige Tage auf Kiew zu
Selbst am Tag nach der Schlacht zischt und kracht es dauernd. Über dem Majdan-Platz hängt beißender, schwarzer Rauch. Tausende junge Männer stehen hinter den meterhohen Barrikaden, sind vermummt, jeder hat Dutzende Pflastersteine neben sich liegen.
Überall Benzinkanister
Flaschen werden mit Treibstoff gefüllt, Stofffetzen dienen als Zünder. Von einer Bühne schreit jemand: „Bleibt! Geht nicht weg! Der Kampf geht weiter!“ Frauen sollen den Platz verlassen, sagt ein Sprecher. Sie bleiben: „Geben wir jetzt auf“, so Olga Bilous (24), „war alles umsonst.“ Und jedem ist klar: Auf Kiew warten weitere blutige Tage.