Geisel-Drama

Blutbad bei Sturm auf Öl-Camp

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36-jähriger Österreicher gekidnappt - Viele Tote bei Befreiungs-Versuch.

Algerische Armee-Einheiten stürmten am Donnerstagnachmittag das Gasfeld Amenas an der algerisch-libyschen Grenze. Sie griffen mit Hubschraubern an. Der Sturm in der Sahara endete mit einem schrecklichen Blutbad: Sicherheitskreisen zufolge sind 30 Geiseln getötet worden, darunter mindestens sieben Ausländer. Außerdem seien mindestens elf Islamisten umgekommen.

Von den getöteten Geiseln habe man bisher die Nationalität von 15 Menschen ermitteln können, sagte ein Vertreter aus dem algerischen Sicherheitsapparat. Acht davon seien Algerier, sieben seien Ausländer, darunter zwei Briten, zwei Japaner und ein Franzose. Über das Schicksal eines ebenfalls gekidnappten Niederösterreichers herrscht weiter Unklarheit.

Im Camp (700 Arbeiter, größtes Gasfeld Algeriens) wurden seit Mittwoch mehrere Dutzend Ölarbeiter als Geiseln festgehalten, darunter auch der 36-jährige Gas-Ingenieur aus Niederösterreich. Der Niederösterreicher arbeitet für die britische BP, die gemeinsam mit der norwegischen Statoil das Gasfeld betreibt. Zuvor war er in Libyen tätig.

„Stürmt nicht, sie bringen uns um“, flehten Geiseln
Ein islamistisches Terrorkommando unter Führung des einäugigen Al-Kaida-Terrorfürsten Mokhtar Belmokhtar hatte das Camp blutig in seine Gewalt gebracht – als Rache für die französische Militäroffensive in Mali.

Die Geiseln wurden zusammengetrieben, die rund 20 Al-Kaida-Terroristen schnallten ihnen Sprengstoffgürtel um. In mehreren Telefoninterviews mit dem arabischen TV-Sender Al Jazeera flehten die Geiseln: „Wir haben Bomben am Bauch, sie töten uns, wenn die Armee stürmt“.

Algeriens Militär hörte auf die Hilferufe der Arbeiter nicht. Präsident Abdelaziz Bouteflika will mit aller Härte ein Übergreifen des Mali-Konflikts auf sein Land verhindern. Deshalb ordnete er den Sturm auf das weitläufige Areal des Gasfeldes an. Hubschrauber flogen ein, Elitesoldaten wurden abgesetzt, ein Feuergefecht folgte. Zumindest 30 Algeriern, einem französischen Paar und einigen Ausländern gelang zuvor die Flucht aus dem Todescamp.

Donnerstagnacht erklärte das Militär die „Mission“ für beendet: „Es hat Tote gegeben“, wurde trocken gemeldet.

Protokoll des Massakers
Via Facebook schrieb eine Geisel ein dramatisches Protokoll des Wüstendramas.

  • Donnerstag, 8.20 Uhr. „Sie haben vielen von uns Sprengstoffgürtel umgeschnallt. Angeblich wird wieder verhandelt. Einige sind verletzt. Die Geiseln sind auf beiden Seiten der Ölbasis verteilt. Ich habe bisher 41 Gekidnappte verschiedenster Nationalität gezählt. Es sind nur rund 20 Bewaffnete, die das Camp unter Kontrolle halten.“
  • 9.50 Uhr. „Ich sah, wie eine Geisel getötet wurde, es wird immer dramatischer. Wir haben Angst vor einem Angriff der algerischen Armee, die Soldaten sollen das gesamte Areal abgeriegelt haben. Scharfschützen haben damit begonnen, auf die Terroristen im Camp zu feuern.“
  • 10.20 Uhr. „Sie drohen, eine Geisel nach der anderen umzubringen, sollte die algerische Armee ihre Angriffe auf das Camp nicht sofort stoppen. Abu Walid, einer der Anführer der Terrorgruppe, droht mit weiteren Morden, wenn die algerische Armee nicht sofort abzieht.“
  • 11.30 Uhr. „Einigen algerischen Arbeitern gelingt die Flucht aus dem Camp. Insgesamt sollen es 30 Personen sein. Auch ein französisches Ehepaar und einige Ausländer sind dabei. Sie haben einen Helikopter auf unserer Base starten können.“
  • 11.55 Uhr. Wieder gelingt einigen die Flucht – es sind Ausländer, darunter auch Franzosen. Sie flüchten entlang einer Pipeline. Die Terroristen bezeichnen ihren Sturm auf unser Gas-Camp als Rachefeldzug, wir West-Geiseln sind für sie „Kreuzfahrer“.

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