Großbritannien

Brexit-Lager liegt erstmals wieder vorne

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Umfragen machen den britischen Finanzmarkt vor dem Referendum nervös.

Zweieinhalb Wochen vor dem EU-Referendum in Großbritannien liegt das Brexit-Lager erstmals wieder vorn: Laut dem vom Institut WhatUKThinks ermittelten Durchschnitt mehrerer Umfragen wollen 51 Prozent der Briten am 23. Juni für den EU-Austritt stimmen, 49 Prozent für den Verbleib. An den Finanzmärkten wuchs die Unsicherheit, die US-Zentralbank warnte vor den wirtschaftlichen Folgen eines Brexit.

Trend umgekehrt
In der vergangenen Woche lagen die EU-Befürworter noch zwei Prozentpunkte in Führung, doch hatte sich der Trend am Wochenende und am Montag in drei Umfragen umgekehrt. Zuletzt hatten die EU-Gegner am 12. Mai in Führung gelegen. Sollte bei dem von Premierminister David Cameron angesetzten Referendum tatsächlich eine Mehrheit der Briten für das EU-Aus des Königreichs votieren, wäre es das erste Mal, dass ein Mitgliedsland die Europäische Union verlässt - mit weitreichenden Konsequenzen für beide Seiten.

Unkalkulierbare Wirtschaftsrisiken
Die Befürworter eines Fortbestehens der EU-Mitgliedschaft warnen vor allem vor unkalkulierbaren Risiken für die Wirtschaft. Während die Brexit-Wortführer noch ihren "politischen Phantastereien" nachhingen, leide die Wirtschaft schon jetzt unter der Unsicherheit, sagte Cameron am Montag. Zuvor hatte Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson aus Camerons konservativer Tory-Partei erklärt, die Risiken eines EU-Verbleibs seien massiv.

Die Chefin der US-Zentralbank, Janet Yellen, warnte am Montag, sollten die Briten für den Ausstieg aus der EU stimmen, könne dies "erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen" haben. EZB-Chef Mario Draghi hatte kürzlich gesagt, die Brexit-Abstimmung sei eines der Hauptrisiken für die Konjunkturerholung in Europa.

Schwächster Pfundwert seit drei Wochen
Das Pfund gab angesichts des Brexit-Auftriebs in den Umfragen am Montag nach, am Mittag lag es bei 1,4353 Dollar - der schwächste Wert seit drei Wochen. Auch der Wert gegenüber dem Euro sank auf 78,61 Pence für einen Euro. Sogar am asiatischen Devisenmarkt schwächelte die britische Währung. In den Tagen bis zum Referendum werde der Schlingerkurs des Pfund noch heftiger werden, erwartet die Analystin Ana Thaker von PhillipCapital UK.

Aufruf
Aus Sorge um die Arbeitnehmerrechte riefen die zehn größten Gewerkschaften Großbritanniens ihre Mitglieder am Montag auf, für den EU-Verbleib zu stimmen. In einem in der Zeitung "The Guardian" veröffentlichten offenen Brief argumentieren die Chefs der sechs Millionen Mitglieder zählenden Gewerkschaften, ein EU-Austritt werde die Rechte britischer Arbeitnehmer "stark bedrohen".

Rechte wie beispielsweise der Mutterschutz, die Gleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten oder bezahlter Urlaub dienten dem Schutz britischer Arbeitnehmer, schrieben die Gewerkschaftschefs. "Wenn Großbritannien die EU verlässt, dann haben wir keine Zweifel, dass diese Rechte stark bedroht wären."

Trend am Kontinent umgekehrt
Während auf der Insel die Brexit-Verfechter Auftrieb haben, ist der Trend auf dem Kontinent umgekehrt. Wie aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage für die französische Zeitung "Le Figaro" hervorgeht, sind die Europäer "klar dafür, dass die Briten in der EU bleiben".

Selbst in Deutschland, wo die Zustimmung schon vorher sehr hoch war, war ein leichter Zuwachs von einem Punkt auf 79 Prozent zu verzeichnen. In Frankreich stieg der Anteil der Brexit-Gegner im Mai im Vergleich zum April um sechs Prozentpunkte auf 65 Prozent, in Polen wuchs die Zustimmung sogar um zehn Prozentpunkte auf 64 Prozent.

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