England trauert um jungen Polit-Star. Cox kämpfte hart um den Verbleib in der EU.
England steht unter Schock. Die Wahlkämpfe für und gegen den Ausstieg aus der EU (Brexit) wurden vorerst abgeblasen. Der Mord an Labour-Politikerin Jo Cox († 41) lähmt das Land. Auf offener Straße wurde sie von Thomas Mair (52) attackiert, mit etlichen Schüssen niedergestreckt, einer mitten ins Gesicht. Dann stach er auch noch mit einem Messer auf sie ein (ÖSTERREICH berichtete). Dabei schrie Mair: „Britain first“ (Großbritannien zuerst) – der Slogan der Befürworter eines EU-Austritts.
Jo Cox war eine glühende Anhängerin des vereinten Europa. Wenige Stunden vor ihrem Tod postete sie ein Foto von sich, ihrem Mann und ihren zwei Kindern in einem Schlauchboot – eine Aktion gegen den drohenden Brexit. Die Cambridge-Absolventin war ein kommender Polit-Star. Cox galt als eine der größten Hoffnungen der Arbeiterpartei.
Seit Monaten erhielt sie pausenlos Drohungen
„Sie glaubte an eine bessere Welt und sie kämpfte täglich dafür.“ Das schrieb ihr Mann Brendan Cox nach dem Attentat. Die Verstorbene galt als Verfechterin einer liberalen Flüchtlingspolitik, setzte sich stark für die Aufnahme von Kriegsopfern aus Syrien ein. Ihr Mann weiter: „Sie hätte sich zwei Dinge gewünscht. Dass unsere geliebten Kinder viel Liebe erfahren und dass wir alle gegen den Hass kämpfen, der sie getötet hat.“
Seit Monaten schon gab es Drohungen gegen die Politikerin – wegen ihres Engagements. Sie ging zur Polizei, es gab bereits in der Vergangenheit eine Festnahme.
Neonazi und krank
Täter Thomas Mair hatte enge Kontakte zur Neonazi-Szene. Seit Jahrzehnten schickte er Geld an die US-Gruppe National Alliance so die Washington Post. Er bestellte bei den Extremisten ein Handbuch mit einer Anleitung zum Bau einer Pistole. Außerdem abonnierte Mair eine Pro-Apartheid-Zeitschrift aus Südafrika.
Sein Bruder Scott berichtete dem Daily Telegraph: „Mein Bruder ist nicht gewalttätig, aber er ist psychisch krank.“ Er sei offenbar in Behandlung gewesen.
Wirk sich die Tat auf die Brexit-Abstimmung aus?
In fünf Tagen entscheiden die Briten, ob sie aus der EU aussteigen wollen (Brexit-Wahl). Laut aktuellen Umfragen liegen die Euro-Gegner in Führung: 52 % wollen raus. Diese Woche gab sogar die größte Boulevardzeitung The Sun eine Empfehlung dafür ab.
Ohne EU: Weniger Handel, höhere Arbeitslosigkeit
Nach dem Mord an Politikerin Jo Cox glauben Analysten aber an eine Kehrtwende – also an einen Zugewinn der Stimmung pro EU. Auch die Finanzmärkte reagierten bereits: Weltweit erholten sich die Kurse nach wochenlangen Abstürzen. In New York drehten die Börsenbarometer im Handelsverlauf am Donnerstag sogar ins Plus.
Ein Ausscheiden aus der EU hätte für alle Europäer gravierende Folgen: Das derzeitige Recht, dorthin zu reisen, dort zu wohnen und zu arbeiten, würde nicht mehr gelten. Durch die Wiedereinführung von Zöllen gäbe es weniger Handel, weniger Investitionen und dadurch auch eine höhere Arbeitslosigkeit.