Es ist ein historischer Tag: Die Briten gehören nicht mehr zur EU. Wie es weitergeht, ist unklar.
London. Es ist vollbracht: Großbritannien gehört seit Mitternacht nicht mehr zur Europäischen Union. 17.196 Tage, mehr als 47 Jahre, waren sie dabei.
Die Feierlichkeiten waren nicht ganz so ausschweifend, wie es sich viele Brexit-Fans wünschten (siehe rechts). Premierminister Boris Johnson feiert sich jedenfalls als Held, der sein Land aus den Zwängen der EU befreit hat. Der Brexit war sein größtes Wahlversprechen, jetzt konnte er es einlösen.
»Das ist der Anbruch einer neuen Ära«
Ansprache. In der Nacht war eine große TV-Ansprache Johnsons geplant (nach Redaktionsscluss): „Das ist der Moment, in dem die Morgendämmerung hereinbricht und sich der Vorhang für einen neuen Akt hebt“, das Manuskript der Rede war bereits vorab bekannt, „das ist der Anbruch einer neuen Ära.“
Mit der Ansprache will der Premierminister die tiefen Risse kitten, die durch den dreijährigen Brexit-Streit in der Bevölkerung entstanden sind: „Meine Regierungsaufgabe ist es, das Land zu vereinen und nach vorne zu bringen.“
Zukunft. Jetzt geht es für die Briten um die eigene Zukunft. Bis Jahresende ändert sich eigentlich gar nichts in der Beziehung mit der EU, außer dass sie keine Möglichkeiten haben in Brüssel mitzureden.
Experten: Es droht immer noch ein Hard Brexit
Hard Brexit. Priorität: Bis 31. Dezember müssen ab jetzt die Verträge über die weitere Zusammenarbeit – Stichwort Zoll und Handel – stehen. Falls diese Gespräche scheitern, droht immer noch ein „Hard Brexit“, also ein EU-Ausstieg ohne Regelung aber mit Chaos in der Wirtschaft und im Verkehr.
Pläne. Was kommen wird: Johnson will die Insel noch strikter von Europa trennen als bisher gedacht. Die Handelsbeziehungen sollen vor allem mit den USA verstärkt werden. Am Vortag des Brexits begann sich Johnson bereits, den USA zu nähern. Außenminister Mike Pompeo war zu Gast, um über künftigen Handel zu sprechen.
Mehrwert der EU. Ranghohe EU-Politiker jedenfalls haben in einer Aussendung eine neue Leitlinie vorgegeben: „Den Bürgern müssen wir täglich den Mehrwert der EU unter Beweis stellen.“
Die großen Feiern wurden abgesagt, Champagner fließt trotzdem
Briten zelebrierten den Abschied von der EU. Aber bescheiden statt ausgelassen.
London. In den vergangenen Wochen planten die Briten viel, davon wurde aber letztlich nur wenig umgesetzt. Geplant: feierliches Läuten des Big Ben und große Feste auf den Straßen mit Live-Musik.
Aus Rücksicht auf die vielen EU-Fans in England – etwa die Hälfte der Bevölkerung – wurde alles Schrille und Laute abgesagt.
Stattdessen wird auf die Fassade des berühmten Amtssitzes des Premierministers in der Downing Street ein Countdown bis Mitternacht projiziert. Am Parlament Square soll auf allen Fahnenmasten der Union Jack wehen.
Champagner. Trotzdem: Im Regierungssitz dürften die Champagnerkorken knallen. In der Vorwoche wurden große Mengen angeliefert.
Die Queen hält sich von allem fern und bleibt auf dem Landsitz in Sandringham alleine.
Datum durchgestrichen: Hype in England um Briefmarke der Post
Zum Brexit brachte Österreich Briefmarke heraus, die jetzt für Wirbel sorgt...
Wien/London. „Verrückt?“ „Cool?“ „Oder nur faul?“ Die britischen Medien jubeln und wundern sich über die neue Brexit-Briefmarke der österreichischen Post. Denn: Über der Landkarte Europas ist einfach das ursprüngliche Datum (29.3.2019) durchgestrichen und darunter durch das neue (31.1. 2020) ersetzt worden. Die Marke wird jedenfalls zum Kult.