Nach Wahl-Niederlage
Bulgarische Regierung trat zurück
14.11.2016
Nach schwerer politischer Niederlage bei der Parlamentswahl.
Nach der Niederlage seiner Kandidatin Zezka Zatschewa und dem Sieg des prorussischen Rumen Radew bei der Präsidentenwahl hat Bulgariens Premier Boiko Borissow am Montag offiziell den Rücktritt seiner Regierung eingereicht. Der Schritt stürzt das EU-Land in eine neuerliche Regierungskrise. Mit Neuwahlen wird im Frühjahr 2017 gerechnet, nur kurz vor Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Sofia.
Parlamentspräsidentin verlor Wahl
Als Kandidat der Sozialisten (frühere KP) gewann Radew bei der Stichwahl am Sonntag mit gut 59 Prozent der Stimmen gegen die bürgerliche Kandidatin Zatschewa. Die Parlamentspräsidentin kam auf nur rund 36 Prozent, die Wahlkommission am Montag nach Auszählung fast aller Stimmen mitteilte. Das amtliche Endergebnis soll erst am Mittwoch veröffentlicht werden. Am 22. Jänner wird der neue Präsident in sein Amt eingeführt.
Es war zunächst unklar, ob Zatschewa ihr Amt als Parlamentspräsidentin weiter ausüben wird. Die Regierung werde jedenfalls "ihre Geschäfte bis zur Wahl einer neuen Regierung fortführen", kündigte Borissow in einem Brief an die Abgeordneten der Regierungspartei GERB am Montag an.
Außenpolitischer Kurs unklar
Bereits in der ersten Wahlrunde vor einer Woche hatte der 53-jährige Radew, ein früherer Luftwaffenkommandant, Zatschewa auf den zweiten Platz verwiesen. Nach dem Sieg des Politikneulings ist nun vor allem der künftige außenpolitische Kurs des jungen EU-Mitgliedsstaates ungewiss. Im Wahlkampf hatte Radew vor allem für bessere Beziehungen zu Moskau geworben, dem sowohl der scheidende Präsident Rosen Plewneliew als auch die bisherige Regierung unter Borissow kritisch gegenübergestanden waren.
Er wolle mit seinen Kollegen in der EU über die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland beraten, kündigte Radew dann auch unmittelbar nach seinem Wahlerfolg an: "Ich werde eng mit der Regierung zur Umsetzung einer Politik zur Aufhebung der Sanktionen arbeiten." Zudem lobte der sozialistische Politiker den künftigen US-Präsidenten Donald Trump, weil dieser "mehr Dialog" mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anstrebe.
Radew will Verpflichtungen einhalten
Im Wahlkampf hatte Radew allerdings auch versichert, Bulgariens Verpflichtungen bei der NATO und der EU einhalten zu wollen. Auch Litauens Außenminister Linus Linkevicius versuchte am Montag zu beruhigen. Die Wahlen seien nicht zwangsläufig Entscheidungen für oder gegen Russland, sondern innenpolitisch motivierte Protestvoten gewesen, sagte Linkevicius am Montag in Vilnius.
Allerdings droht dem EU-Land nun auch innenpolitisch eine neue Phase der Ungewissheit. Weder Borissows GERB-Partei noch die Sozialisten wollen versuchen, eine neue Regierung zu bilden. Der scheidende Präsident Plewneliew muss also eine Übergangsregierung ernennen. Vorgezogene Parlamentswahlen können frühestens im März stattfinden.
Mit Radew an der Staatsspitze soll Bulgarien zudem zum ersten Mal in seiner Geschichte die EU-Ratspräsidentschaft am 1. Jänner 2018 übernehmen. Vorerst ist unklar, wann und wie der neue EU-Kommissar aus Bulgarien bestimmt werden soll. Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, die Bulgarin Kristalina Georgiewa, hatte Ende Oktober ihren Rücktritt eingereicht, da die EU-Haushaltskommissarin zur Weltbank wechselt.