Schon wieder ein Monster-Beben mit noch nicht abschätzbaren Folgen: Am Samstag wurde Chile von einem Erdbeben der Stärke 8,8 erschüttert.
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Das siebtstärkste Erdbeben aller Zeiten erschütterte Chile – und führte zu einer Tsunami-Panik im gesamten Pazifikraum. Mit einer Stärke von 8,8 bebte die Erde vor der Küste 90 Kilometer nördlich der Stadt Concepción (670.000 Einwohner) um 3.34 Uhr Ortszeit (7.34 Uhr MEZ). Das Beben soll mehrere Minuten gedauert haben. „Es war wie das Ende der Welt“, so ein Augenzeuge. Die Erdstöße wurden von Seismologen als 1.000 Mal stärker als beim Haiti-Beben (230.000 Tote) bezeichnet. Gebäude schaukelten sogar in der Argentinien-Metropole Buenos Aires – 1.300 Kilometer entfernt.
Blanker Horror: Ganze Stadtviertel ausradiert
Am frühen
Sonntagmorgen sprachen die Behörden von mindestens 300 Toten. Ein
dramatischer Anstieg der Opferbilanz wird erwartet. 1960 kamen beim
stärksten Beben, das je gemessen wurde, 1.655 Menschen in Chile ums Leben.
Bilder aus der Bebenzone zeigten die totale Zerstörung: In Concepción ist etwa ein 14-stöckiges Wohnhaus zusammengebrochen – unter den Trümmern sind bis zu 150 Menschen begraben. Zahlreiche Gebäude, darunter auch das der Regionalregierung, stürzten teilweise ein. Die Telefonverbindungen sind nach dem Beben zusammengebrochen.
Gebäude brachen auch in der Hauptstadt Santiago de Chile zusammen, 320 Kilometer nördlich vom Epizentrum. „Das Beben riss uns aus dem Schlaf“, erzählte die Journalistin Jen Ross. Zuerst dachte sie an einen der häufigen, kleineren Erdstöße: „Doch es wurde immer schlimmer, ich schrie ‚Erdbeben‘ und klammerte mich mit meiner Tochter im Türrahmen fest.“ Zu hören war das „Klirren und Krachen fallender Gegenstände“, so die Zeugin.
Der internationale Flughafen in Santiago wurde gesperrt, nachdem die Terminal-Gebäude schwer beschädigt wurden.
Chiles Präsidentin Michelle Bachelet rief den Notstand aus. Mit verzweifeltem Blick versicherte sie ihren Landsleuten: „Wir werden alles tun, um rasch zu helfen.“ Auch die UNO sagte umgehende Hilfen zu. „Wir bieten schnelle Unterstützung, wenn das chilenische Volk und die Regierung das wünschen“, sagte UNO-General Ban Ki-moon.
"Wasser reichte uns bis zum Hals"
Eine Tsunamiwelle
rollte mit 800 Stundenkilometern durch den gesamten Pazifik. Größere Schäden
blieben aber aus. In Chile haben die Wassermassen hingegen das vom Erdbeben
angerichtete Elend noch verschlimmert. "Es bebte und dann kam das Meer in
unser Haus, es reichte uns bis zum Hals", berichtete eine Einwohnerin von
Iloca im Süden des Landes. In der Stadt Talcahuano wurden selbst größere
Schiffe bis ins Stadtzentrum geschwemmt, im Hafen lagen riesige Seecontainer
wie Streichhölzer durcheinander.
"Das Wasser hat alles, aber auch alles fortgerissen", sagte ein Überlebender aus dem kleinen Küstenort Boyecura. Auf der chilenischen Insel Robinson Crusoe, rund 670 Kilometer westlich von Südamerika, wurden fast alle Gebäude zerstört. Dort starben mindestens fünf Menschen in den Wassermassen, elf wurden noch vermisst.
Killer-Tsunami bleibt aus
Aus dem Pazifikstaat Tonga wurde eine
zwei Meter hohe Flutwelle gemeldet, Hinweise auf Schäden lagen nach
Behördenangaben zunächst nicht vor. Auf Samoa blieb der befürchtete Tsunami
offenbar aus. Dort waren vor fünf Monaten bei einer Flutwelle 183 Menschen
ums Leben gekommen.
In Australien verzeichnete die Meteorologische Behörde einen 50 Zentimeter hohen Tsunami auf der Norfolk-Insel, auf den neuseeländischen Chatham-Inseln wurde am Sonntag eine zwei Meter hohe Welle gemeldet.
Nur noch Tsunami-Warnung für Japan
Im US-Ferienparadies
Hawaii traf eine 1 Meter hohe Flutwelle die Hauptinsel. Auch wurden bisher
nur Sachschäden vermeldet. Bis Sonntag früh (MEZ) hob das Pazifische
Tsunami-Warnzentrum den Alarm für alle Länder außer Russland und Japan
wieder auf. In Russland selbst wurde aber schon Entwarnung gegeben. Zwar
seien an der Küste der Halbinsel Kamtschatka im äußersten Osten des Landes
Flutwellen angekommen, teilte ein lokaler Vertreter des
Katastrophenschutzministeriums am Sonntag nach Angaben der
Nachrichtenagentur Ria Nowosti mit. "Die Höhe der Wellen betrug aber
nur 25 Zentimeter." Es habe keine Schäden gegeben.
In Japan hatte die Tsunami-Welle bei den Ogasawara-Inseln eine Höhe von zehn Zentimetern, ein weiterer von 30 Zentimetern Höhe wurde in Hokkaido beobachtet. Dennoch blieb die Tsunami-Warnung bestehen.
Zuerst raste gestern die Monsterwelle über die dünn besiedelten chilenischen Juan-Fernandez-Inseln hinweg – die tragische Bilanz auf der Inselkette: drei Tote. Auch die Robinson-Crusoe-Insel traf eine riesige Flutwelle. Auf den Osterinseln flüchteten Menschen in die Berge.