Hunderte Infizierte
Chinas Todes-Virus: EU sei auf Seuche 'vorbereitet'
22.01.2020Das mysteriöse China-Virus forderte nun schon neuen Todesopfer.
Die EU-Kommission sieht sich für eine mögliche Ausbreitung des neuartigen Coronavirus nach Europa gewappnet. Die Brüsseler Behörde sei darauf vorbereitet, rasch "potenzielle Gegenmaßnahmen zu unterstützen und zu koordinieren, sollte dies erforderlich sein", sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides der Zeitung "Die Welt" (Mittwochausgabe).
Zusammen mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) beobachte die Kommission die Ausbreitung des Erregers sehr genau.
Schon neun Tote
Mit dem neuartigen Virus in China haben sich inzwischen mehr als 400 Menschen infiziert. Die meisten von ihnen leben in der zentralchinesischen Millionenmetropole Wuhan. Mindestens neun Menschen starben an durch den Erreger ausgelösten Atemwegserkrankungen. Einzelne Fälle von Infektionen mit dem Virus wurden auch aus Thailand, Japan, Südkorea, Taiwan und den USA gemeldet.
Die EU-Kommission stehe wegen des Virus in ständigem Kontakt mit den EU-Mitgliedstaaten, sagte Kyriakides. Unter Führung der Kommission tauschten die nationalen Behörden Informationen aus und verständigten sich über Risikobewertungen und mögliche Reaktionsmaßnahmen. Ihre Behörde werde wegen des Virus weiterhin "engen Kontakt" mit den Mitgliedstaaten, den zuständigen EU-Agenturen sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) halten, kündigte die Kommissarin an.
Die WHO befasst sich am Mittwoch in einer Krisensitzung mit dem Virus. Nach einer Risikobewertung will sie darüber entscheiden, ob sie angesichts der sprunghaft gestiegenen Fallzahlen einen internationalen Gesundheitsnotstand ausruft. Die Gefahr durch das von Mensch zu Mensch übertragbare Virus wird dadurch erhöht, dass wegen des chinesischen Neujahrsfests am Wochenende in der Volksrepublik Hunderte Millionen Menschen auf Reisen sind.
Schon 440 Infizierte
Der neuen Lungenkrankheit in China sind drei weitere Menschen zum Opfer gefallen. Insgesamt sind demnach nun neun Todesfälle nachgewiesen worden, wie das chinesische Staatsfernsehen am Mittwoch berichtete. Die Zahl der bekannten Infektionen stieg im Vergleich zum Vortag um über 100 auf 440 Fälle an.
Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Übertragung des Virus. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs.
Gesundheitsexperten warnten vor besonders ansteckenden Patienten, die das Virus schneller streuen könnten. Fälle der sogenannten "Super-Spreader" hatte es in China auch während der SARS-Pandemie gegeben, der 2002/2003 rund 800 Menschen in China zum Opfer gefallen waren.
Erster Fall in den USA
In den USA ist ein erster Fall des neuartigen Coronavirus festgestellt worden, das zuerst in China aufgetreten war. Das Virus wurde nahe Seattle im nordwestlichen US-Bundesstaat Washington bei einem Mann nachgewiesen, der aus China eingereist war, wie die US-Gesundheitsbehörde CDC am Dienstag mitteilte. Der Mann wurde als Vorsichtsmaßnahme in ein Krankenhaus der Stadt Everett eingeliefert.
Er hatte sich demnach in der chinesischen Stadt Wuhan aufgehalten. Als Ausgangspunkt des an den SARS-Erreger erinnernden Virus wird ein Fisch- und Geflügelmarkt in Wuhan angesehen. Den US-Behörden zufolge besuchte der Mann aber nicht den Markt.
Die meisten der bis Dienstag etwa 300 registrierten Infizierten leben in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan. Mehrere Menschen starben bereits an durch das Virus ausgelösten Atemwegserkrankungen. Weitere einzelne Fälle wurden aus Thailand, Japan, Südkorea und Taiwan gemeldet.
SARS-Variante
Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine SARS-Variante handelt. Ein SARS-Virus hatte von China ausgehend 2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8.000 Infizierten zur Folge, etwa 800 Menschen starben.
Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Übertragung des Virus. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs. Asiatische Nachbarn und mehrere Flughäfen in anderen Ländern weltweit haben wegen der neuen Lungenkrankheit inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt.
Notfallausschuss
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief wegen der neuartigen Lungenkrankheit in China ihren Notfallausschuss ein. Die Experten sollen am Mittwoch darüber beraten, ob eine Gesundheitsnotlage ausgerufen werden soll, wie die WHO am Montag berichtete. Diese unabhängigen Experten empfehlen auch Maßnahmen, die möglicherweise ergriffen werden sollten. Ruft die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand aus, empfiehlt sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu können unter anderem Grenzkontrollen, das Einrichten von spezialisierten Behandlungszentren oder mögliche Impfungen medizinischer Fachkräfte gehören.