Die Merahs: Was für eine schrecklich nette Familie.
Wie konnte das passieren, fragt sich derzeit ganz Frankreich. Hätten die grausamen Morde an sieben Franzosen – darunter drei Kinder – verhindert werden können? Wie konnte Mohammed Merah vor den Augen des französischen Geheimdienstes operieren – obwohl scheinbar so viele wussten, dass er ein radikaler Dschihadist war?
Das FBI setzte Merah bereits 2010 auf die No-Fly-Liste. Der CIA stufte ihn als potenziellen Terroristen ein. Der Geheimdienst in Afghanistan nahm Merah 2010 kurzfristig in Kandahar fest und verbannte ihn aus dem Land. Eine Mutter aus Toulouse zeigte Merah ebenfalls 2010 an: Der damals 21-Jährige habe ihrem 15-jährigen Sohn stundenlang brutale Al-Qaida-Videos gezeigt, habe ihn zum „heiligen Kämpfer“ drillen wollen. Und dann sie und ihre Tochter als „Ungläubige“ geschlagen. Die Polizei von Toulouse ließ die Anzeigen fallen.
Der Reisende des „Dschihad“: Syrien, Irak, Pakistan
Dabei kannten auch Frankreichs Gendarmen den jungen Extremisten, der zum brutalen Serienkiller mutierte, seit 2006 – zunächst als Kleinkriminellen – spätestens seit 2008 als „labilen Radikalen“. 2006 sei er im Gefängnis mit Islamisten in Kontakt gekommen.
Der französische Geheimdienst wusste spätestens seit 2007 auch, dass Mohammeds älterer Bruder, Abdelkader, sich einer extremistischen Salafisten-Gruppe in Toulouse angeschlossen hatte (siehe rechts). Mohammed Merah dürfte jedenfalls kein „einsamer Wolf“, sondern Teil eines „Dschihadisten-Netzwerkes“ sein.
Zwei Mal soll er in „Terror-Camps“ in Afghanistan ausgebildet worden sein – zuletzt im Sommer 2011.
Als ihn die Polizei in Afghanistan 2010 festgenommen hatte, fanden sie Stempel aus „Israel, Syrien, Irak und Jordanien“ in seinem Pass, bestätigt ein US-Agent Le Monde. Die Vermutung, die die Agenten bereits damals hegten: Merah könnte ein „Tourist des Terrors“ sein – ein Kämpfer des globalen „Dschihad“ – einer, der in Israel Terroranschläge verüben wollte. Einer, der in Syrien, Irak und Jordanien im Sinne der Al Qaida unterwegs war.
Der „weiße Emir“ als Drehscheibe des Terrors?
Diese Reisen sollen Mohammeds Bruder Abdelkader und der „weiße Emir“ für ihn organisiert haben.
Auch Frankreichs Geheimdienst sei informiert gewesen. Der „weiße Emir“, der Mann syrischer Herkunft, gilt als eine der Drehscheiben der radikalen Salafisten, in der Region Toulouse. Salafisten kämpfen für die Rückkehr des Kalifats. Auf dem Bauernhof des „weißen Emirs“ finden seit Jahren einschlägige Islamisten-Treffen statt. Auch er wurde 2007 ein Mal verhaftet, weil er eine mittlerweile in Frankreich verbotene Islamisten-Gruppe mit angeführt hatte. Der „weiße Emir“ gilt auch als möglicher Financier. Mohammed Merah, der ehemalige Automechaniker war jedenfalls meist arbeitslos und reiste dennoch durch die arabische Welt.
Und auch die Unmengen an Waffen, die nach Merahs Tod in seiner Wohnung gefunden wurden, werfen Fragen auf. Wie konnte der Geheimdienst so versagen?