Ein Experte erklärt, welche Auswirkungen der Tod des ISIS-Propagandachefs hat.
Abu Mohammed al-Adnani, der Propagandachef der Terrormiliz IS, wurde bei einem "Präzisionsschlag" der USA in Syrien getötet. Er war derjenige, der für hasserfüllte Propaganda und Anschläge im Westen verantwortlich war. Außerdem hat er die Attentäter-Teams zusammengestellt.
Terrorismus-Experte Prof. Peter Neumann erklärte im BILD-Interview, welche Auswirkungen al-Adnanis Tod für den Westen hat.
Propagandachef war extrem wichtig
Der Experte erklärt im Interview, weshalb der ISIS-Propagandachef für die Terrormiliz so wichtig war. Dafür gebe es vier Gründe: al-Adnani war Gründungsmitglied und gehörte somit zur allerersten Generation der ISIS-Kämpfer. Er habe seit 2002, also noch bevor sich die Gruppe "Islamischer Staat" nannte, mit dem Gründer Musab al-Zarqawi zusammengearbeitet und die gesamte Entwicklung des "Islamischen Staates" begleitet.
Da er der einzige echte Syrer in Führungsposition der Terrormiliz war, wurde er vor allem in Syrien respektiert. Darüber hinaus habe er die Strategie der sogenannten "Einsamen Wölfe" erfunden, die in Europa schreckliche Anschläge hervorgebracht hat. Außerdem leitete al-Adnani alle externen Operationen der Terrorgruppe, er stellte die Teams für die Anschläge von Paris und Brüssel zusammen und gab die Kommandos. Der IS-Propagandachef sei also im Zentrum dessen gestanden, "was wir heute als 'Islamischen Staat' bezeichnen".
Falschmeldung über Tod unwahrscheinlich
Auf die Frage, ob man sicher sein könne, dass al-Adnani tot sei, antwortete Neumann, dass es in diesem Fall sehr unwahrscheinlich sei, dass der Tod des Propagandachefs vorgetäuscht wurde, "weil sich die Terrorgruppe damit selbst ins eigene Bein schießen würde."
Er habe einen viel zu großen, symbolischen Wert für den Zusammenhalt und die Moral innerhalb der Gruppe gehabt, weshalb sein Tod ein viel zu großer Schock für die IS-Mitglieder sei. "Zudem haben zuerst die USA und dann die Terrorgruppe selbst den Tod bestätigt."
IS ist dabei, zu scheitern
Der Tod al-Adnanis passe gut zur aktuellen Entwicklung, aus der hervorgehe, dass der "Islamische Staat" dabei sei, zu scheitern. "Um die Finanzen der Terrororganisation steht es schlecht, es kommt zu Versorgungsengpässen, Gehälter werden gekürzt und es wird immer schwieriger, Kämpfer zu rekrutieren." Aus diesem Grund ziehe der IS immer jüngere und unerfahrenere Männer ein. "Dass jetzt ein so prominentes, hochrangiges Mitglied der Führungsriege getroffen werden konnte, trägt natürlich nun zusätzlich zum Zerfall der Terrorgruppe bei", erklärte der Terror-Experte.
Große psychologische Wirkung
Obwohl man wisse, dass alle Anführer ersetzbar seien, werde al-Adnanis Tod dennoch eine große, psychologische Wirkung haben. Die Stimmung bei den Kämpfern kippe, sie würden zu zweifeln beginnen. "Will ich wirklich der Letzte sein, der fällt? Wie komme ich aus dem 'Islamischen Staat' heraus?" Diese Fragen stellen sich laut Neumann immer mehr IS-Kämpfer.
Anschlagsgefahr dennoch erhöht
Dennoch könne sich die Anschlagsgefahr im Westen noch einmal kurzfristig erhöhen, da innerhalb von ISIS zur Rache für al-Adnanis Tod aufgerufen werde. "Die Situation erinnert an die Festnahmen in Belgien, als es daraufhin ebenfalls noch einmal Anschläge gegeben hat."
"Die Botschaft vieler ISIS-Anhänger ist klar: al-Adnani soll ein Denkmal in Form eines Anschlags gesetzt werden", so der Experte. Auf längere Sicht würde der Tod des Propagandachefs die Terrormiliz jedoch schwächen.