Eine Million Briten bereuen "Brexit"

Die Briten trauern, die EU fordert: "Raus ist raus"

25.06.2016

Was haben wir getan? Bereits eine Million Briten bereuen, für Austritt gestimmt zu haben.

Zur Vollversion des Artikels
Zur Vollversion des Artikels

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker macht Druck: „Raus ist raus“, drohte er Richtung London. „Der Wille der britischen Bürger muss jetzt rasch vollzogen werden.“ Fast 52 Prozent haben für den „Brexit“ gestimmt. Doch Groß­britannien zögert, zaudert, hadert mit dem Schicksal: „Ich würde zurück zum Wahllokal gehen und fürs Bleiben stimmen, weil jetzt die Realität deutlich wird“, sagt eine Studentin. Ein anderer „Brexit“-Wähler: „Ich dachte nicht, dass meine Stimme viel Gewicht haben würde, weil ich geglaubt habe, wir würden sowieso bleiben.“

Mehr als eine Million Briten fordern bereits ein zweites Referendum. Ganz London will in der EU bleiben, die Schotten ebenfalls. Unter dem Hashtag #whatHaveWeDone („Was haben wir getan“) klagen sie über den Kater nach dem „Raus-Rausch“.

„Brexsack“

Selbst Boris Johnson, Motor der Unabhängigkeitsbewegung, bremst: „No time for haste“ sei es nun. „Keine Zeit für Eile.“ Das klingt fast wie der Wunsch, durch Verhandlungen doch den tiefen Fall noch abzuwenden.

Briten-Premier „nahm ­Kontinent in Geiselhaft“

Zögern

Ebenso der britische Premier David Cameron. Er hat sich mit seinem Referendum schwer verzockt und kündigte seinen Rücktritt an. Bis Oktober will er noch im Amt bleiben, „um die Sache ordentlich abzuwickeln“.

Tricksereien

Für die EU sind diese „Tricksereien“ nicht akzeptabel. Parlamentspräsident Schulz tobt: „Bereits vor drei Jahren, als Cameron das ‚Brexit‘-Referendum ankündigte, um parteiinterne Gegner ruhigzustellen, hat er einen ganzen Kontinent verhaftet für seine taktischen Spiele.“

Jetzt habe Großbritannien – entgegen seinem Wunsch – für den Austritt gestimmt. Und Cameron hält Europa erneut hin, wolle bis zum Parteitag der Konservativen im Oktober mit der Machtübergabe warten: „Man kann einen Parteitag auch morgen früh einberufen“, kritisierte Schulz, „wenn man das will.“ Doch London wartet ab, setzt auf Geduld für seine Verhandlungen mit Brüssel.

Verloren

Fest steht jedenfalls: Der „Brexit“ hat Großbritannien gespalten. Die älteren, unzufriedenen Wohlstandsverlierer und die Landbevölkerung wollten den Austritt. Die jüngeren, besser Gebildeten wollten von einem Austritt nichts wissen – diese Gräben müssen die Anti-EU-Politiker nun kitten.

Karl Wendl

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel