Wie jetzt bekannt wurde, unterzog sich Papst Benedikt erst vor drei Monaten einer heiklen Herz-Operation.
Er wirkt gebrechlich, blass, das Gehen fällt ihm schwer, durch den Petersdom wurde er zuletzt geschoben. Und wie erst jetzt nach seinem Rücktritt bekannt wurde, dürfte Papst Benedikt XVI. (85) noch angeschlagener sein, als bisher angenommen. Denn erst vor drei Monaten hat sich das Oberhaupt der katholischen Kirche heimlich in der Klinik Pio XI. in Rom am Herzen operieren lassen.
Herzschrittmacher Der Grund: Zehn Jahre nach dem Einsetzen musste die Batterie seines Herzschrittmachers von einem Spezialisten ausgetauscht werden. Bei einem 85-Jährigen ganz und gar nicht ungefährlich.
Sechs Geheimnisse zum Papst-Rücktritt1/6
Wird Papst bald Ratzinger heißen?Das ist derzeit noch völlig offen, denn: Eine offizielle Regelung, wie mit einem zurückgetretenen Papst umzugehen ist, gibt es nicht. Benedikt wird das wohl selbst entscheiden können.
Wo wird er wohnen?Für eine Übergangszeit wird der Papst in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom wohnen, danach ins Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten ziehen.
Bekommt er eine Pension?Nein, eine solche steht ihm nicht zu. Möglich aber, dass der Vatikan für Kost und Logis aufkommt.
Wird er seinen Nachfolger mitbestimmen können?Nein, von dem Konklave und der Wahl wird er ausgeschlossen.
Darf er ins Amt zurückkehren?Nein, denn laut kanonischem Recht hat er diesen Anspruch für immer verwirkt.
Wann kommt die Papst-Biografie?Tatsache ist, dass Papst Benedikt bereits ein Angebot eines Verlages hat und vermutlich wird er die Biografie sofort nach seinem Rücktritt im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan zu schreiben beginnen (siehe Foto oben). Ein erster möglicher Erscheinungs-Termin ist der Dezember 2013.
Verwirrt. Gleichzeitig berichten jetzt auch mehrere Vertraute von zunehmendem Gedächtnisverlust des Papstes. „Ich hatte den Eindruck, dass der Papst leicht abwesend war, und um die Wahrheit zu sagen, ich glaube, er hat mich nicht einmal erkannt“, erklärt Vincenzo Paglia, Erzbischof von Terni.
Papst-Rücktritt: Die Nachfolgekandidaten1/8
Christoph Schönborn (67)Der Wiener Erzbischof hat nach den Skandalen um Kardinal Hans Hermann Groer und Bischof Kurt Krenn den Ruf eines Krisenmanagers, gilt aber auch als versöhnlicher und Dialog-fähiger Pragmatiker. Nach dem Rücktritt des in einen Kindersex-Skandal verwickelten Groer wurde er 1995 dessen Nachfolger. Machte sich als Redakteur für den Katechismus der Katholischen Kirche weltweit einen Namen. Seine liberalen Aussagen zum Thema Homosexualität haben in der Kirche für Debatten gesorgt.
Oscar Andres Rodriguez Maradiaga (70)aus Honduras, Salesianer, wurde zeitweise als aufgehender Stern der lateinamerikanischen Kirche gefeiert. Der polyglotte Kleriker spricht nach seinem Psychotherapie-Studium in Innsbruck auch passables Deutsch. Er gilt als begeisterter Musiker und ist auch offen für ökumenische Fragen.
Jose Mario Bergoglio (76)Argentinier und Erzbischof von Buenos Aires, macht sich für sozial Schwache stark. Ist Jesuit, ob das ein Nachteil oder Vorteil sein kann, ist schwer abzuschätzen. Noch nie in der Kirchengeschichte war ein Jesuit Papst.
Peter Erdö (60)Der Ungar ist seit 2003 Erzbischof von Esztergom-Budapest. Damit ist er auch Primas des Landes. 2006 wurde er zum Präsidenten des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen bestellt.
Angelo Scola (71)Italiener, seit 2002 Patriarch von Venedig, gilt als aufgeschlossen. Der Moraltheologe und Philosoph leitet seit 1995 die Lateran-Universität und das Päpstliche Institut für Ehe-und Familienstudien. Ins Kardinalskollegium wurde Scola 2003 aufgenommen.
Peter Kodwo Appiah Turkson (64)aus Ghana, Vorsitzender der nationalen Bischofskonferenz, Erzbischof von Cape Coast. Er gehört mehreren vatikanischen Kommissionen an, zu Hause setzte er sich für Entwicklung und Umweltschutz ein. Wurde 2003 völlig überraschend zum Kardinal ernannt.
Angelo Bagnasco (70)Italiener, Bagnasco ist Präsident der italienischen Bischofskonferenz. Der Erzbischof von Genua wurde im März 2012 vom Papst weitere fünf Jahre an der Spitze des italienischen Episkopats bestätigt.
Marc Oullett (69)Der Kanadier ist der Leiter der Bischofskongregation. Trotz seiner guten Beziehungen in der Kurie könnte die starke Säkularisierung in seiner Geburtsregion Quebec gegen ihn arbeiten.
Arthrose. Bloß Altersschwäche oder bereits die ersten Anzeichen von Alzheimer? Der Vatikan wollte sich bisher dazu noch nicht äußern. Erst im Vorjahr war die Reise des Papstes nach Mexiko kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen um die Hälfte gekürzt worden. Seit Jahren leidet Benedikt unter anderem an einer schweren Arthrose, die ihm auch das Gehen zur Qual werden lässt.
Immer lauter werden zudem die Gerüchte, dass eine Intrige den 85-Jährigen zum vorzeitigen Rücktritt gezwungen haben könnte. Nicht erst seit „Vatileaks“ weiß die Öffentlichkeit von den massiven Grabenkämpfen innerhalb der heiligen Mauern. 2012 hatte der Kammerdiener Paolo Gabriele vertrauliche Dokumente aus dem Vatikan gestohlen. Nicht nur der Chef der Vatikanbank IOR wurde daraufhin wegen Geldwäsche gefeuert, auch der Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, ein enger Vertrauter Benedikts, geriet in heftige Kritik.
Unterstützung. Doch auch wenn Bertones Name immer wieder in Zusammenhang mit Intrigen, Verschwörungen und Skandalen genannt wurde – von Benedikt bekam der zweitmächtigste Mann überraschend Rückendeckung und brachte damit die Kurie erneut gegen sich auf.
Erst im Herbst eskalierte auch innerhalb der Kirche der Streit um die Wiederzulassung von Wiederverheirateten zu den Sakramenten. Eine weitere zermürbende Auseinandersetzung für den Papst.
Interview mit Papst-Biograf Andreas Englisch:
ÖSTERREICH: Hat Sie der Papst-Rücktritt überrascht? Andreas Englisch: Ich habe das schon vor einem Jahr prophezeit. Er hat mit seiner Entscheidung bitter gerungen, es war nur eine Frage der Zeit. Er ist froh, dass es vorbei ist, das ist für ihn wie eine Erlösung.
ÖSTERREICH: Wie krank ist Papst Benedikt der Papst wirklich? Englisch: Es geht ihm sehr schlecht, er musste zuletzt durch den Petersdom geschoben werden. In Gesprächen mit seinen Mitarbeitern oder Journalisten klagte er über Konzentrationsschwierigkeiten. Er hat den Job als Papst nie gerne gemacht und er hat das Gefühl gehabt, dass viele gegen ihn sind.
ÖSTERREICH: Inwieweit sind auch Intrigen ein Grund für seinen Rücktritt? Englisch: Im Herbst eskalierte der Streit um die Zulassung Wiederverheirateter zur Kommunion. Diese Auseinandersetzung war ein Knackpunkt. Er hat ihn zermürbt. Dieser Streit war mit ein Grund für den Rücktritt des Papstes.
ÖSTERREICH: Was bedeutet das für die Katholische Kirche? Englisch: Die Kirche steht vor einer schwierigen Situation. Es besteht die Gefahr einer Kirchenspaltung. Sehr auffallend ist, dass Benedikt erst vor wenigen Wochen seinen Privatsekretär Georg Gänswein zum Präfekten des Päpstlichen Hauses gemacht hat.
ÖSTERREICH: Auch Kardinal Christoph Schönborn wird als Nachfolger gehandelt … Englisch: Ich traue ihm das zu, Schönborn ist ein hochintelligenter Mensch. Er hat sich dadurch, wie er sich in der Sache Groer verhalten hat, einen Namen gemacht. Ich glaube schon, dass er eine Chance hat. Interview: Jochen Prüller
Die Femen-Aktivistinnen brachten auch die in der Kathedrale derzeit ausgestellten neuen Glocken für Notre-Dame mit Holzstücken zum Klingen und riefen auf Englisch "Kein Papst mehr" ("Pope no more").
Vor dem weltberühmten Monument blieben sie noch rund zehn Minuten stehen und riefen Slogans wie "In gay we trust" (Wir vertrauen auf Schwule) - in Abwandlung des englischen "In God we trust" (Wir vertrauen auf Gott)
Unter ihnen war auch die Ukrainerin Inna Schewtschenko, die aus ihrer Heimat nach Frankreich geflüchtet war, weil sie als Unterstützung für die russische Punk-Band Pussy Riot in Kiew ein christliches Kreuz abgesägt hatte