Drama in Horrorhöhle

Diese 12 Buben brauchen ein Wunder

07.07.2018

Während fieberhaft an der Rettung gearbeitet wird, wird in der Höhle die Zeit knapp.

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Bangkok. Seit mehr als zwei Wochen sitzen die 12 Fußballbuben und ihr Trainer schon in der Tham-Luang-Höhle fest. Ihre Rettung wird immer mehr zum Wettlauf gegen die Zeit. Fürs Tauchen sind die Kinder im Alter von 11 bis 16 nämlich noch nicht bereit – alle sind extrem geschwächt, manche können nicht einmal schwimmen. Außerdem bräuchten selbst die Elite-Taucher der thailändischen Navy Seals bis zu sechs Stunden für den riskanten Weg durch die stockfinstere und verwinkelte Höhle. Ein Spezialist starb dabei am Freitag – ÖSTERREICH berichtete.

 

 

Regen lässt das Wasser wieder dramatisch steigen

Monsun. Dazu kommt der Monsun. Für das Wochen­ende sind teils heftige Niederschläge angekündigt, die das Wasser in der Höhle weiter steigen lassen könnten. Alle Versuche, das Wasser abzupumpen, wären dann chancenlos. Auch mehr als hundert Bohrungen brachten bislang nicht den gewünschten Erfolg.

 

Erste Eingeschlossene sind offenbar schon krank

Hygiene. Je länger die Kinder und ihr 25-jähriger Trainer in der Höhle ausharren, desto gefährlicher werden auch die hygienischen Verhältnisse. Laut Medienberichten zeigen zwei der Kinder und ihr Betreuer schon Anzeichen einer Infektion.

Das Problem: Alle 13 sind nicht nur auf engstem Raum eingepfercht, sie müssen sich dort auch erleichtern. Der Ausbreitung von Bakterien, Viren und Pilzen ist angesichts dieser fürchterlichen Verhältnisse Tür und Tor weit geöffnet.

Gefahr. Selbst bei bester Gesundheit wäre der Weg eine Tortur. Fast fünf Kilometer müssen bewältigt werden. Alles in kompletter Dunkelheit, mehr als 500 Meter davon bei lebensgefährlichen Tauchgängen, die sogar Experten vor gewaltige Herausforderungen stellen. Die heikelste Stelle musste sogar aufgebohrt werden. Die Navy Seals mussten trotzdem unter Wasser ihre Sauerstoffflaschen abnehmen, um durchzukommen.

 

 

Die Rettung muss jetzt möglichst schnell gehen

Rettung. Während den Eingeschlossenen langsam auch der Sauerstoff ausgeht – zuletzt sank der Sauerstoffgehalt in der Höhle von normalen 20 auf 15 Prozent –, schließt sich offenbar das Fenster zur Rettung.

„Wir hoffen, in den nächsten drei bis vier Tagen einen unserer Rettungspläne umsetzen zu können“, erklärte Provinz-Gouverneur Narongsak Osottanakorn. Neben den Bohrungen bleibt dann aber nur der riskante Tauchgang. Einzige Alternative wäre nach aktuellem Stand nämlich, Kinder und Trainer bis zum Ende der Regenzeit in der Höhle zu lassen. Dann könnten sie nämlich zu Fuß in die Freiheit gehen. Ob sie die lange Zeit bis dahin überleben, ist aber fraglich.

© TZOE

"Man blickt in erschöpfte und müde Gesichter"

"Bild"-Reporter Jan Frederik Langshausen im ÖSTERREICH-Interview:
 
ÖSTERREICH: Was spielt sich vor Ort ab?
 
Jan Frederik Langshausen: Man blickt in erschöpfte und müde Gesichter. Sie sind am Ende ihrer Kräfte. Es zeichnet sich auch eine gewisse Hoffnungslosigkeit ab. Es ist ja ein wahnsinniges Drama und es gibt noch keine Lösung. Und jetzt droht wieder der Monsun. Alle schauen in den Himmel und sind besorgt. 
 
ÖSTERREICH: Wird wirklich alles Mögliche getan?
 
Langshausen: Einsatzkräfte, Helfer, Taucher – alle arbeiten rund um die Uhr, ­geben alles. Aber man fragt sich, wie sinnvoll geplant wird. Man muss sie auch richtig einsetzen. Man hat natürlich Zweifel, wenn es keine guten Neuigkeiten gibt. 
 
ÖSTERREICH: Regiert Hoffnung oder Verzweiflung?
 
Langshausen: Als die Kinder gefunden wurden, war die Stimmung sehr, sehr positiv. Aber es hat sich geändert, man sieht das in den Gesichtern. Die Angehörigen haben viel gesprochen, jetzt haben sie leere Blicke, reden wenig. Man sieht, dass auch die Einsatzkräfte erhebliche Zweifel haben. 
 
© APA/AFP/YE AUNG THU

Neue Hoffnung: Spezialisten bohren Rettungs-Schächte

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Jetzt wird auch versucht, die Kinder von „oben“ zu retten.
Chiang Rai. Nichts darf unversucht bleiben: Schon 100 Schächte haben Experten in den Berg gebohrt. Die Hoffnung lebt, dass man die Kinder auf diesem Weg eventuell schneller erreicht als durch die Höhle selbst. 
 
Doch die hohe Anzahl an Versuchen zeigt schon: Noch hat man den Bohrer nicht an der richtigen Stelle angesetzt. „Die Löcher durch den Berg sind bis zu 400 Meter tief“, erklärte der Chef der Rettungsaktion Narongsak Osottanakorn, „der genaue Standort der Buben ist aber noch nicht gefunden worden.“
 

Höhle ist kaum vermessen, Bohren ist Glückssache

Unrealistisch. Über einen frisch gebohrten  Schacht haben Retter im Jahr 2010 verschüttete Bergleute in Chile gerettet. Sie harrten 69 Tage in einem kleinen Schutzraum in 700 Meter Tiefe aus. Der große Unterschied zu diesem Fall: „Es gibt hier kaum geologische Daten. Im Fall der chilenischen Mine war der Untergrund vollständig vermessen und die Bohrung somit weitgehend frei von Überraschungen gewesen. Die Rettungskräfte konnten damals einen umfänglichen Datenschatz für ihre Zwecke nutzen“, erklärt Geo-Wissenschaftler Suttisak Soralump von der Kasetsart-Uni in Bangkok. 
 

 

"Macht euch keine Sorgen": Bewegender Brief aus Höhle

Alle sorgen sich um sie, doch die Eingeschlossenen versuchen die Außenwelt zu beruhigen.
 
Chiang Rai. Die Kinder gaben den Brief einem Rettungstaucher mit. Jetzt sorgt er weltweit für Gänsehaut-Feeling: „Macht euch keine Sorgen, wir sind alle stark“, der Text steht auf der Facebook-Seite der thailändischen Navy Seals Spezialeinheit. 
 
„Wir wollen nach Hause, so schnell wie möglich“, steht mit blauer Kuli-Tinte auf einem karierten Notizblock. Jeder der 12 Buben richtete persönliche Worte an seine Liebsten: „Mir geht es gut, es ist ein bisschen kalt, aber keine Sorge. Vergesst nicht, meine Geburtstagsparty vorzubereiten“, steht da etwa. Oder: „Wenn wir rauskommen, wollen wir viele Sachen essen.“ 
 
Ekkapol Chantawong, der Fußball-Trainer, der die Truppe in die Höhle führte, entschuldigt sich in seinem Brief direkt bei den Eltern: „Allen Kindern geht es noch gut. Ich verspreche, mich sehr gut um sie zu kümmern.“
 
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