Seit einem Monat veröffentlicht Nordkorea zahlreiche Artikel und Fotos.
Es gab eine Zeit, da war es fast unmöglich, an Informationen über das nordkoreanische Waffenprogramme zu gelangen. Ausländische Experten werteten Satellitenbilder aus, spürten nach Atomtests winzige Teilchenspuren auf oder studierten die zertrümmerten Überreste von Raketen.
Zahlreiche Veröffentlichungen
Aber seit etwa einem Monat veröffentlicht das abgeschottete Land Artikel mit Farbfotos von Raketentests und anderen Aktivitäten in noch nie da gewesener Menge und Qualität. Experten sehen darin den Versuch der Regierung in Pjöngjang, die Welt von ihrer atomaren Schlagkraft zu überzeugen.
"Die Offenheit deutet darauf hin, dass die dahinterliegende Strategie genauso diplomatischer wie militärischer Natur ist", sagt der Luftfahrtingenieur John Schilling der Nachrichtenagentur Reuters. "Es ist für Pjöngjang nicht nur wichtig, dass sie diese Fähigkeiten haben, sondern auch, dass wir glauben, dass sie sie besitzen."
Ähnlich äußerte sich der Raketenexperte Michael Elleman vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS). Die Enthüllungen und Tests seien offenbar Teil einer Medienkampagne mit der Botschaft, dass Nordkorea über eine atomar bestückte Langstreckenrakete verfügt oder bald verfügen werde, die das US-Festland treffen könnte. "Die große Frage lautet: Wie echt sind diese Tests?", formuliert Elleman seine Bedenken.
Zweifel
Zwar vermuten Waffenexperten inzwischen, dass Nordkorea größere Fortschritt gemacht haben könnte als bisher angenommen. Angesichts der Neigung des stalinistischen Staates zur Geheimhaltung und zu lautstarker Propaganda sowie zahlreichen Fällen von Foto- und Filmmanipulationen mangelt es allerdings nicht an Zweiflern. "Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass alles so ist, wie sie es uns glauben machen wollen", sagt der deutsche Raketenexperte Markus Schiller. Aus US-Regierungskreisen verlautet, der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un könne vielleicht im Laufe des Jahrzehnts über eine primitive aber einsatzfähige Interkontinental-Rakete verfügen.
Yang Moo-jin von der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul sieht genau diese Skepsis als Grund für die neue Medienoffensive. "Der Süden und die USA haben jahrelang das Militär von Kim Jong-un schlechtgeredet", sagt er. Nun wolle Kim das "größtmögliche Gefühl der Bedrohung" aus den angepeilten neuen Errungenschaften herausschlagen. Zudem hätten die jüngsten Tests und Starts innenpolitisch einen großen Propagandawert vor dem Parteitag der kommunistischen Arbeiterpartei im Mai. Einige Experten gehen davon aus, dass Nordkorea kurz davor einen von Kim angekündigten, fünften Atomtest vornehmen könnte, ungeachtet der immer strengeren UNO-Sanktionen.
Auf eins deuten die plötzlichen Enthüllungen Nordkoreas hin, sagt Elleman: Die Regierung in Pjöngjang dürfte kaum das Tempo der Entwicklung verlangsamen.