Wahlkampf-Hundekrieg

Dog am Dach, Dog am Teller...

20.04.2012


In der nächsten "Silly Season" geht es nur mehr um den kniffligsten Charaktermord.

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© APA/EPA
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Nach Substanz im heurigen Wahlkampf braucht ohnehin keiner mehr zu suchen, in der nächsten "Silly Season" namens Präsidentschaftswahl 2012 geht es nur mehr um den kniffligsten Charaktermord. Und dabei hat vor allem Mitt Romney eine beachtliche Achillesferse: Die Story mit dem Hund. Einfach nicht einschlaffen will die. Vielleicht liegt es ja auch an der geballten Ekelhaftigkeit des Vorfalls: 1983 brachen die Romneys zu einem Familienurlaub nach Ontario (Kanada) auf. Familienhund Seamus (ein irischer Setter) wurde von Romney in einem selbstgebastelten Container (Käfig, Behälter, was auch immer...) kurzerhand aufs Dach seines "Chevrolet Caprice Station Wagon" geschnallt.

Dort sollte er eine Weile bleiben, 1000 Kilometer immerhin hatten die Romneys vor sich. Prompt erkrankte der bemitleidenswerte Vierbeiner an Durchfall, der Dünnschiss floss aus dem Behälter die Scheiben des Schlittens hinunter. Romney hielt bei der nächsten Tankstelle, wusch Semaus, Käfig und Auto - und steckte in zurück in den luftigen Autodach-Behälter.

Sicher, es gibt genug wunderliche Leute mit mangelnder Empathie selbst gegenüber hilflosen Haustieren. Doch die meisten kandidieren nicht fürs Oval Office. Seamus, der sogar unterdessen eine eigene Wiki-Seite hat, verfolgt Romneys Politkarriere seit dem Vorfall. Stets will er es weglachen: "Dem Hund hat es ja gefallen", versichert Romney Hundeliebhabern in aller Welt. Richtig "geliebt" habe er es, wusste nun sogar Gattin Ann in einem ABC-Interview. Romney gab zuletzt wenigstens zu, dass er so was nicht mehr machen würde.

Der Republikaner hat einige Charakterschwächen: Das Feuern von Arbeitern aus für schnellen Profit gekauften Firmen während seiner Zeit als Private-Equity-Banker, seine geheimen Spenden an Anti-Schwulengruppen, der Rat an eine nicht verheiratete Schwangere als Mormonen-"Bischof", ihr Baby doch zu Adoption freizugeben. Alles fast schon vergessen. Nur der Köter! Er verfolgt Romney aus dem Grab. Und Rivale Obama stichelte: Zu einem Foto, wo Obama seinen Hund Bo INNERHALB der Limo streichelt, textete Top-Berater David Axelrod: "So transportieren liebevolle Besitzer ihre Hunde..."

Für Romney wurde es also Zeit zur Gegenattacke - natürlich per derbem Untergriff: Als Kind habe Obama nämlich in Indonesien sogar Hundefleisch GEGESSEN wurde verbreitet. Das mag vielleicht sogar stimmen, doch die Attacke hat natürlich einen großen Haken: Obama war ein Kind damals, sich der seltsamen Speise wahrscheinlich gar nicht bewusst. Dafür bekam der Präsident sogar das Gütesiegel der Tierschutzgruppe PETA: Er könne als Volksschüler dafür sicher das nichts, drängte sich die Gruppe ins Rampenlicht des politischen Hundekriegs: "Die Erwachsenen sollten aber zur Verantwortung gezogen werden". Es scheint, als tauge Romneys Konter tatsächlich als erfolgreiche Nebelgranate.

Und wie gesagt, mit gehobeneren Debatten um die Zukunft dieses Landes rechnet ohnehin niemand bis zum November.

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