Philippinen

Dutertes dreckiger Anti-Drogen-Krieg

25.09.2016

Erste Bilanz des Kriegs gegen den Droganhandel auf den Philippinen.

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© AFP
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Behutsam wiegt der Killer seine jüngste Tochter in einer Hängematte in den Schlaf. Der Vater von fünf Kindern aus dem Slum Tondo in der philippinischen Hauptstadt Manila ist auf einem Kreuzzug gegen das Böse. Inspiriert hat ihn Rodrigo Duterte, der Präsident, der Ende Juni mit dem Credo antrat, Drogendealer kalt zu stellen, koste es, was es wolle.

"Das Recht ist auf unserer Seite", sagt der 44-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Ich will, dass meine Kinder eine Zukunft haben. Mit Drogen ist das nicht möglich." Dutertes kompromissloser Krieg gegen Rauschgifthändler alarmiert Menschenrechtler weltweit. Der Präsident, der vulgärer flucht als mancher Ganove, ist ungerührt. "Vergesst die Menschenrechte. ... Drogenhändler, Erpresser, Nichtsnutze, haut ab. Ich werde euch umbringen", ist einer seiner Sprüche.

Drogenproblem

Das katholische Entwicklungsland mit gut 100 Millionen Einwohnern hat ein Drogenproblem, vor allem in den vielen Slums. Ohne Arbeit und mit wenig Chancen, aus dem Milieu zu kommen, tauchen vor allem junge Männer oft in den Drogenrausch ab. Viele geraten in die Abwärtsspirale aus Beschaffungskriminalität und Drogenhandel. Shabu heißt das Teufelszeug, eine lokale Mischung aus der synthetischen Droge Methamphetamin und Koffein. 1,3 Millionen Menschen seien drogensüchtig, schätzt das Amt für den Anti-Drogen-Kampf.

Eine drogenfreie Welt - für Ruby Gigante war Duterte ein Geschenk des Himmels. Sie wählte ihn begeistert. Längst ist aber bittere Ernüchterung eingekehrt. Ihr Bruder Rudolfo ist tot, erschossen von Polizisten, die ihn als Drogendealer verdächtigten und, ganz nach den Empfehlungen Dutertes, kurzen Prozess mit ihm machten. "Er hat einmal Drogen genommen, aber nie damit gehandelt", sagt Gigante. "Ich will auch, dass das Drogenproblem gelöst wird, aber wie können sie Unschuldige in diesen Krieg hineinziehen?"

1.000 Tote seit Ende Juni

Rudolfo ist einer von mehr als 1.000 Verdächtigten, die seit Dutertes Amtsantritt Ende Juni bei Polizeiaktionen ums Leben kamen. Zudem wurden im ganzen Land in Hinterhöfen und dunklen Gassen 1.600 Leichen gefunden, einige gefesselt, mit Klebeband über Mund und Nase, und Schildern, auf denen steht: "Ich bin ein Drogendealer. Endet nicht so wie ich." Täter, glauben die Behörden, sind von Duterte inspirierte Leute, die das Recht selbst in die Hand nehmen.

"Ich gebe den Leute immer zwei Warnungen", sagt der selbst ernannte Killer. "Wenn sie mit dem Dealen aufhören, können sie leben. Wenn nicht, bringe ich sie um." Er helfe der Regierung, damit der Krieg gegen die Drogen gewonnen und die Welt für seine Kinder besser werde.

Schockmethoden

Den Traum von der besseren Welt hatte auch Jocelyn Guevarra. Er zerbrach am 21. Juli, als ihr Mann Danilo ermordet wurde. "Jetzt muss ich die Kinder allein durchbringen, keine Ahnung, wie", sagt die 46-Jährige, die in Abfallcontainern nach Verwertbarem sucht. Er sei mit einem befreundeten Polizisten unterwegs gewesen, der als Drogendealer galt. Danilo sei an seiner Seite niedergeschossen worden. "Mein Mann war ein ehrlicher Mann und die Polizei hat ihn erschossen. Wie kann das richtig sein?"

Die Regierung sagt, die Schockmethoden wirken. Eine dreiviertel Millionen Drogenhändler habe sich schon ergeben. Es seien nur noch halb so viele Drogen auf der Straße verfügbar wie früher, sagt Orlando Yebra, Polizeichef in einem Stadtteil von Manila: "Die Preise steigen, weil viele Händler aus Angst verschwunden sind." Die Bevölkerung stehe hinter dem Programm. Auf der Straße kämen die Leute zu ihm und bedankten sich für die Polizeieinsätze. "Sie wissen, dass es ein Krieg gegen Drogen ist. Und in jedem Krieg sterben Menschen."

Guevarra fühlt sich aber nicht sicherer als früher, im Gegenteil. "Ich habe mehr Angst als früher", sagt sie. "Sie können jeden umbringen, deshalb fürchte ich um meine Söhne." Im September wurden an einem einzigen Tag in Manila 21 Leute unter Drogendealerverdacht umgebracht. Zwei Kinder im Alter von vier und fünf Jahren sind umgekommen, weil sie bei Schießereien von Irrläufern getroffen wurden.

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