Eröffnung in Jerusalem

Dutzende Tote bei Protesten gegen US-Botschaft

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Nach palästinensischen Angaben mindestens 52 Tote.

Die international umstrittene Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem hat am Montag massive Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Armee mit Dutzenden Toten ausgelöst. Im Gazastreifen wurden bei Protesten am Grenzzaun nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde in Gaza mindestens 52 Palästinenser von Soldaten erschossen, mehr als 2.400 Menschen wurden verletzt.

Es war der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014. Die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt löste bei den Palästinensern Zorn aus, in Israel sorgte der Schritt für Genugtuung.
 

Trump: Hoffnung auf Frieden

US-Präsident Donald Trump äußerte in einer bei den Feierlichkeiten in Jerusalem übertragenen Videobotschaft die Hoffnung, dass es nun Frieden geben werde. "In Freundschaft reichen wir Israel, den Palästinensern und allen Nachbarn die Hand", sagte Trump. An der Zeremonie nahmen 800 Gäste teil, darunter US-Finanzminister Steven Mnuchin, Präsidententochter Ivanka Trump sowie ihr Mann und Trump-Berater Jared Kushner.

Der palästinensische Gesundheitsminister Dschawad Awad warf Israel in Ramallah ein "Massaker an unbewaffneten Demonstranten" vor. Russland sieht angesichts der Verlegung der US-Botschaft den Frieden in Gefahr. Die Türkei sprach von einem "Massaker". Deutschland und Frankreich mahnten zur Mäßigung. Das dschihadistische Terrornetzwerk Al-Kaida rief zum Heiligen Krieg auf.

Trump hob die Freundschaft zwischen den USA und Israel hervor, erwähnte mögliche Rechte der Palästinenser jedoch nicht. "Israel ist eine souveräne Nation mit dem Recht, seine Hauptstadt selbst zu bestimmen", sagte Trump. "Wir haben in der Vergangenheit das Offensichtliche nicht anerkannt." Die Palästinenser beanspruchen den Ostteil der Stadt als Hauptstadt eines künftigen Staates.
 

Palästinenser erschossen

Im Gazastreifen protestierten Zehntausende Menschen. Israelische Soldaten erschossen Palästinenser, die sich dem Grenzzaun zu sehr näherten oder ihn beschädigen wollten. Die israelische Armee warf den Palästinensern "beispiellose Gewalt" vor. Sie hätten Soldaten mit Brandbomben und explosiven Gegenständen beworfen. Auf Fotos waren junge Palästinenser mit Steinschleudern und brennende Autoreifen zu sehen. Die israelische Luftwaffe habe zudem Posten der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas angegriffen. Damit habe die Armee auf Beschuss von dort auf Soldaten reagiert.

Auch in Ramallah im Westjordanland nahmen Tausende Palästinenser an einem Protestmarsch teil. Sie trugen palästinensische und schwarze Flaggen sowie Schlüssel. Damit wiesen sie auf ihre Forderung nach einer Rückkehr in die Gebiete hin, aus denen 1948 im Zuge der israelischen Staatsgründung Hunderttausende Palästinenser flohen oder vertrieben wurden. Demonstranten verbrannten US-Flaggen. Anschließend zogen Hunderte weiter zu Kontrollpunkten der israelischen Armee. Dort kam es nach palästinensischen Angaben zu Konfrontationen mit Sicherheitskräften, unter anderem in Kalandia und Bethlehem.
 
Proteste Jerusalem
© APA/AFP/MAHMUD HAMS
 

Lösung gefordert

UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte eine politische Lösung des Konflikts. "Es gibt keinen Plan B zur Zwei-Staaten-Lösung", bekräftigte der UN-Chefdiplomat in Wien. Das sei der einzige Weg, damit Israelis und Palästinenser in Frieden miteinander leben könnten.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief beide Seiten angesichts der Eskalation der Gewalt zu "allergrößter Zurückhaltung" auf. "Israel muss das Recht auf friedliche Demonstrationen respektieren und bei der Anwendung von Gewalt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren", ließ sie am Montag in Brüssel mitteilen. Die Hamas und die Anführer der Demonstration im Gazastreifen müssten wiederum sicherstellen, dass die Proteste absolut friedlich blieben.
 

Kneissl: Kein "Flächenbrand"

Österreichs Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) glaubt trotz der heutigen Ereignisse nicht an einen "Flächenbrand" in der Region. Die Ereignisse würden zwar "nicht zur Beruhigung" beitragen, dass sie den oft zitierten Flächenbrand auslösen, glaube sie aber nicht, erklärte Kneissl am vor Journalisten.

Israels Nachbarstaaten Libanon, Jordanien und Ägypten verurteilten die Gewalt im Gazastreifen. Es handle sich um "exzessive Gewalt gegen wehrlose palästinensische Menschen", sagte der jordanische Regierungssprecher Mohammed al-Momani.
 

Internationale Kritik

US-Präsident Donald Trump hatte im Dezember in einem umstrittenen Alleingang Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Er kündigte die Verlegung der Botschaft von Tel Aviv in die Heilige Stadt an. Die Entscheidung wurde international scharf kritisiert. Es kam seither immer wieder zu Unruhen in den Palästinensergebieten.

Israel hat den Ostteil Jerusalems im Sechstagekrieg 1967 erobert. Den Anspruch der Palästinenser auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines eigenen Staates Palästina lehnt Israel ab. Doch die internationale Gemeinschaft pocht darauf, dass der künftige Grenzverlauf in Verhandlungen beider Seiten geklärt wird. Dies hat auch Trump gesagt.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu bezeichnete die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem als "glorreichen Tag". Israel habe "keine besseren Freunde auf der Welt" als die USA. "Danke, Präsident Trump, dass Sie den Mut hatten, ihre Versprechungen einzuhalten!" Es sei auch "ein großer Tag für den Frieden", sagte Netanyahu. "Ein Frieden, der auf Lügen basiert, kann nur an den Felsen der nahöstlichen Realität zerschellen. Und die Wahrheit ist, dass Jerusalem immer die Hauptstadt des jüdischen Volkes bleiben wird."
 
Proteste Jerusalem
© APA/AFP/MAHMUD HAMS

 

Aufruf zu Mäßigung

Kushner betonte, die US-Regierung werde sich weiter um ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern bemühen. Die USA seien entschlossen, dabei zu helfen, "einen nachhaltigen Frieden zu schaffen". In Bezug auf die zeitgleichen tödlichen Proteste an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel sagte Kushner: "Diejenigen, die Gewalt provozieren, sind Teil des Problems, nicht Teil der Lösung." Kushner gehört zu Trumps Team, das sich um eine Friedenslösung für den Nahen Osten bemühen soll.

Die deutsche Regierung rief angesichts der Auseinandersetzungen zur Mäßigung auf. Die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem dürfe kein Anlass für Gewalt sein, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Im Konflikt um den Status von Jerusalem könne es nur eine einvernehmliche Verhandlungslösung geben. Die Bundesregierung werde auch weiter nichts tun, was Zweifel an ihrer völkerrechtlichen Haltung zum Status Jerusalems aufkommen lassen könnte.

Russland äußerte sich besorgt über die Verlegung der Botschaft. Dies könne die Spannungen im Nahen Osten weiter verstärken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. "Wir haben diese Befürchtungen", sagte er in Moskau.
 

Erdogan: USA als Teil des Problems

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte in London, Amerika sei nun nicht mehr Teil der Lösung des Nahostkonflikts, sondern Teil des Problems. Washington habe seine "Rolle als Vermittler im Friedensprozess des Mittleren Ostens verwirkt und verloren". Der türkische Regierungssprecher Bekir Bozdag sprach von einem "Massaker an den Palästinensern", an dem Israel und die USA die Schuld trügen.

Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri rief seine Anhänger angesichts der Botschaftsverlegung zum Widerstand auf. Es sei nötig, die Feinde vereint mit einem Heiligen Krieg (Dschihad) zu bekämpfen, sagte er in einem Video, das am Sonntagabend auf Propagandakanälen der Extremisten im Internet aufgetaucht war. Al-Sawahiri kritisierte zudem Trump, der "das wahre Gesicht der Kreuzzüge" enthüllt habe.

Israels Armee hat die Zahl ihrer Soldaten an der Gaza-Grenze verdoppelt. Seit Ende März sind dort bei gewaltsamen Konfrontationen von Palästinensern und israelischen Soldaten insgesamt 107 Palästinenser getötet und Tausende verletzt worden. Beim "Marsch der Rückkehr" haben Zehntausende ein Recht auf Rückkehr in das heutige israelische Staatsgebiet gefordert. Israel lehnt das ab.
 
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