Total im Eck
Ein bitterer Abend für Obama
26.02.2010
Ein ganzes Jahr Arbeit ist für US-Präsident Obama futsch: Seine Gesundheitsreform wurde klar abgelehnt. Er ist im größten Tief der Karriere.
Barack Obama hat seine gesamte Präsidentschaft auf die Reform des US-Gesundheitswesens verwettet. Ein Jahr lang kümmerte er sich fast ausschließlich um dieses Thema. Doch es zeichnete sich seit einiger Zeit ein Absturz des ehemals populären Präsidenten ab: Er stürzte von fast 80 auf unter 50 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung ab.
Die Bilder des vergangenen Abends zeigen einen gebrochenen Obama. Man merkt seine Verzweiflung. Kein einziges Mal sieht man das gewohnte Lächeln.
Jetzt stellt Obama seinen Gegnern ein Ultimatum
7,5 Stunden lang
diskutierten Donnerstagnacht im „Blair House“ Kongressführer beider Parteien
live im TV: Gebetsmühlenartig hatten die Konservativen auf ein „Zurück zum
Start“ beharrt. Sie kritisierten, dass sich Amerika den 1.000 Milliarden
Dollar teuren Plan nicht leisten könne. Die Demokraten wollen 31 Millionen
Amerikanern, die bisher unversichert waren, eine Krankenversicherung
anbieten, die Opposition bloß drei. Sichtlich entnervt kündigte Obama den
Alleingang an: „Die Zeit des Debattierens ist vorbei“.
Obama sei dennoch „Sieger“ des TV-Showdowns, so US-Medien: Er konnte seine zerstrittene demokratische Partei für eine letzte große Schlacht zum Abschluss der unpopulären Gesundheitsreform einen.
Doch wie kommt Obama aus dem Schlamassel jetzt raus? Er setzt jetzt alles auf eine Karte, stellt den Republikanern ein Ultimatum: Sollte in den nächsten Wochen „keine substanzielle Kooperation feststellbar sein“, würden die Demokraten das Reformpaket solo durch den Kongress peitschen. Die nächste Deadline ist Ostern.
Das Health-Care-Drama ist jedoch nur ein Teil des Obama-Fehlstarts im Oval Office: Die Liste unerfüllter Wahlversprechen ist praktisch so lang wie bei der Inauguration.
Präsident lässt sich feiern, bringt aber keine Resultate
‚Bitte
warten‘ heißt es bei strengen Finanz-Regeln oder dem Klimaschutz. Wohl das
größte Problem ist die hohe Arbeitslosigkeit von 9,7 Prozent – das kratzt
enorm am Image von Obama.
Auch außerhalb der USA gab es außer prestigeträchtigen Auftritten (etwa bei der Verleihung des Nobelpreises) sonst kaum Durchbrüche. Die renommierte New York Times ließ anklingen, dass Obama es oft „allen Recht machen wolle“, wie ein Professor erklärt – und Härte und Leadership vermissen lasse. Er steht dazu im Kreuzfeuer seiner eigenen Fans, die ihm den laschen Umgang mit „Gier-Bankern“ verübeln.
Doch kaum wer bezweifelt: Mit dem ersten großen Wurf, etwa der Gesund-heitsreform, kann sich das Blatt wieder wenden.
Politikwissenschafter Peter Filzmaier (Uni Krems) gilt als profunder
Kenner des US-Systems. Er erläutert Barack Obamas Probleme. |