Innerhalb eines Jahres soll in den Palästinensergebieten gewählt werden.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat negativ auf die von Ägypten vermittelte Versöhnung der zerstrittenen Palästinenser-Organisationen Hamas und Fatah reagiert. Netanyahu sagte am Mittwochabend nach Angaben seines Büros in Jerusalem, die Palästinensische Behörde von Präsident Mahmoud Abbas müsse "zwischen einem Frieden mit Israel und einem Frieden mit Hamas wählen." Ein Frieden mit beiden sei unmöglich, weil Hamas offen die Zerstörung des Staates Israel anstrebe. Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Organisation greife ständig Israels Städte und Kinder mit Raketen an.
Netanyahu sieht Abbas-Schwächung
Der israelische Premier wertete die innerpalästinensische Versöhnung als Zeichen einer Schwäche der Abbas-Administration. Es stelle sich die Frage, ob die Hamas auch im Westjordanland die Kontrolle übernommen habe. "Ich hoffe, dass die Palästinenserbehörde richtig wählen wird - dass sie den Frieden mit Israel wählen wird", sagte Netanyahu laut Angaben seines Büros. Nach geheimen US-Diplomatenpapieren, die von der Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlicht worden sind, hat Außenminister Avigdor Lieberman Abbas als "schwach, korrupt und nicht mehr relevant" eingestuft. Lieberman forderte jüngst die Niederwerfung der Hamas, Infrastrukturminister Uzi Landau die Wiederaufnahme der Politik der "gezielten Tötungen", denen führende radikale Palästinenser wie der Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin und dessen Nachfolger Abdelaziz Rantisi zum Opfer gefallen waren.
Wahlen innerhalb eines Jahres
Wie die ägyptische Nachrichtenagentur MENA am Mittwoch berichtete, legt das Abkommen zwischen Fatah und Hamas die Bildung einer gemeinsamen Regierung fest. Allgemeine Wahlen sollen innerhalb eines Jahres abgehalten werden. Die Bildung der Einheitsregierung ist Grundlage für die geplante palästinensische Staatsproklamation. Ägypten werde in den kommenden Tagen alle palästinensischen Fraktionen zur Unterzeichnung des Abkommens nach Kairo einladen, meldete MENA.
Ägyptens Übergangsführung hatte mit besonderer Deutlichkeit ihren Wunsch nach einer Aussöhnung von Hamas und Fatah zum Ausdruck gebracht, um den Gazastreifen wieder politisch mit dem Westjordanland zu vereinen. Der Hamas-Außenbeauftragte und palästinensische Ex-Außenminister Mahmoud al-Zahar hatte nach seinen Gesprächen in Kairo von einem "neuen positiven Geist" in der ägyptischen Politik gesprochen. Unter dem früheren Präsidenten Hosni Mubarak, der im Februar nach Massenprotesten zurücktreten musste, verfolgte Ägypten eine von der eigenen Bevölkerung mehrheitlich abgelehnte und als pro-israelisch empfundene Politik und beteiligte sich an der Blockade des Gazastreifens. Netanyahu hatte nach Beginn des Volksaufstands in Ägypten die US-Regierung zunächst gedrängt, Mubarak zu unterstützen,
Hamas gewann Wahlen 2006
Die Hamas hatte die Wahlen im Westjordanland und Gazastreifen 2006 mit absoluter Mehrheit gewonnen. Ihren Sieg verdankten die Islamisten vielen Protestwählern, die der Fatah zügellose Korruption vorwarfen. Der Machtkampf führte im Juni 2007 zur faktischen Trennung des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Die Hamas übernahm nach blutigen Gefechten die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen, den die Israelis 2005 geräumt hatten. Abbas löste daraufhin die Hamas-geführte Einheitsregierung unter Premier Ismail Haniyeh auf und setzte im Westjordanland ein Notstandskabinett ohne parlamentarische Legitimation unter Salam Fayyad ein. Dieser hatte die Ausrufung eines souveränen Staates noch für 2011 auch ohne vorherigen Friedensvertrag mit Israel in Aussicht gestellt.
Abbas: Israel muss zwischen Frieden und Kolonie wählen
Die palästinensische Führung hat die Vorbehalte des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu gegen eine von Ägypten vermittelte Versöhnung zwischen den verfeindeten Organisationen Fatah und Hamas als unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten der Palästinenser zurückgewiesen. "Das heute in Kairo geschlossene Abkommen ist eine interne palästinensische Angelegenheit", erklärte am Mittwochabend Präsidentenberater Nabil Abu Rudeina. Zu der Aussage Netanyahus, dass die Palästinensische Behörde von Präsident Mahmoud Abbas "zwischen einem Frieden mit Israel und einem Frieden mit Hamas wählen" müsse, sagte der Abbas-Berater, Israel müsse wählen "zwischen einem Frieden und seinen Kolonien" im Westjordanland.
In Kairo erklärten die Delegationen von Fatah und Hamas, alle umstrittenen Themen seien gelöst. Dazu zählten Sicherheitsvorkehrungen, die Reform der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) - damit die Hamas dieser beitreten könne - und die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung für den Gazastreifen und das Westjordanland. Binnen eines Jahres sollen allgemeine Wahlen stattfinden. Hamas-Sprecher Taher al-Noono sagte in Kairo, Israel gehe die innerpalästinensische Versöhnung nichts an, die es zu verhindern versucht habe.
Aus dem US-Außenministerium verlautete unterdessen, Washington unterstütze eine palästinensische Versöhnung, sofern sie den Frieden fördere. Jede palästinensische Regierung müsse auf Gewalt verzichten und Israels Existenzrecht anerkennen.