Wendepunkt

Erdogan: Absturz des Sultans in der Türkei

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Herbe Niederlage der Präsidenten-Partei bei Kommunalwahl 

Einen wirklich konstant starken Fanklub hat der türkische Präsident Recep Tay yip Erdoğan nur mehr in Österreich: 72 Prozent der Austrotürken haben vor knapp einem Jahr bei der Präsidentenwahl noch für den Langzeit-Regenten gestimmt.

In der Türkei selbst haben Erdoğan und seine scheinbar allmächtige AKP inzwischen deutlich an Strahlkraft verloren. Bei den Kommunalwahlen fuhren sie jetzt eine verheerende Niederlage ein. Istanbul, Ankara, Izmir, Adana, Antalya und die meisten anderen Großstädte sind für die Präsidentenpartei verloren, 35 der 81 Oberbürgermeisterposten gingen an die oppositionelle CHP. Die politische Landschaft ist aufgerüttelt. Erstmals seit zwei Jahrzehnten ist die islamisch-konservative AKP nicht mehr landesweit stärkste Kraft. Die oppositionelle Mitte-links-Partei CHP erhielt 37,6 Prozent, die AKP 35,7. Damit ist die Erdoğan-Partei erstmals seit ihrer Gründung 2002 in einer Kommunalwahl landesweit abgeschlagen.

Erdogans Strahlkraft ist nun erloschen

Wendepunkt. Staatspräsident Erdoğan ist also nicht mehr allmächtig, obwohl er alle Mittel des Staates für sich und seine Partei nutzte. Hauptgrund für den Absturz ist die katastrophale wirtschaftliche Lage. Die galoppierende Inflation treibt immer mehr Menschen in die Armut. Derzeit liegt die Teuerungsrate bei rund 67 Prozent, vielen fällt es schwer, überhaupt über die Runden zu kommen.

Vor allem Menschen der mittleren und unteren Schichten treibt die Wirtschaftslage in Existenzkrisen. Viele müssen über 70 wieder mit der Arbeit beginnen, weil die Rente nicht reicht. Sie trauen den AKP-Versprechen nicht mehr.

Vorbote. Das Ergebnis der jetzigen Kommunalwahl zeigt, dass der Sieg Erdoğans bei der Präsidentenwahl 2023 nicht das Ergebnis seiner Stärke, sondern der Schwäche der Konkurrenz war. Die scheint nun vorbei. Der historische Erfolg der CHP (siehe unten) ist mehr als bloß ein Vorbote für die nächsten Präsidentschaftswahlen. Die finden allerdings erst 2028 statt, da ist noch eine Weile hin. Doch das Wetterleuchten am Bosporus zeigt, dass auch politische Denkmäler wie Erdoğan vom Sockel fallen können.

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