Poker bei EU-Sondergipfel
EU-Budget: Tschechien gegen Beitragsrabatte
20.02.2020
Babis rechnet nicht mit Einigung bei EU-Sondergipfel: Positionen einzelner Länder zu unterschiedlich - Sarec drohte mit Veto - Kurz buchte flexiblen Rückflug.
Prag/Brüssel. Vor Beginn des Sondergipfels über die Verhandlungen zum EU-Budget hat sich der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis gegen das "ungerechte" System von Beitragsrabatten ausgesprochen. Der aktuelle Kommissionsvorschlag zum Finanzrahmen sei "unausgeglichen" und begünstige reichere Länder, sagte Babis laut Medienberichten vom Donnerstag bei einer Debatte im EU-Ausschuss des Abgeordnetenhauses.
Dass es im Laufe der heute Nachmittag in Brüssel beginnenden Beratungen bereits zu einer Einigung über den mehrjährigen EU-Finanzrahmen (2021 bis 2017) kommt, glaubte Babis nicht. Dafür seien die Positionen der einzelnen Mitgliedsstaaten zu unterschiedlich. Österreich und andere Nettozahler etwa bestehen auf die Beibehaltung von Rabatten, durch die ihre Beiträge bisher gesenkt wurden.
Die Gruppe der Nettozahler stemmt sich zudem gegen die Erhöhung der Beiträge und will diese weiterhin bei einem Prozent der Wirtschaftsleistung belassen. Ein Vorschlag von EU-Ratspräsident Charles Michel sieht 1,074 Prozent vor, jener der Kommission liegt bei 1,114 Prozent, das Europaparlament forderte 1,3 Prozent der Wirtschaftskraft.
Tschechien lehnt laut Babis die Pläne zur Senkung der Kohäsionsmittel ab, die wirtschaftlich schwächeren Regionen helfen sollen. "Für uns ist der Entwurf der Senkung der Summe (für Tschechien, Anm.) um 180 Mrd. Kronen (7,21 Mrd. Euro) unannehmbar", betonte der Premier. Die Kürzungen in der Kohäsionspolitik werden vor allem von den Nettozahlern wie Österreich oder den Niederlanden gefordert.
Gegen eine Kürzung der Regionalfördermittel tritt auch Slowenien ein. Ministerpräsident Marjan Sarec reist mit einer Vetodrohung im Gepäck nach Brüssel: "Unser Ziel ist es, dass die Mittel möglichst wenig zurückgehen. Slowenien wird auf seinen Standpunkten beharren. Wenn es nötig sein wird, eine Einigung zu blockieren, werden wir auch das tun", betonte Sarec am Wochenende in einem Interview mit der Tageszeitung "Vecer".
Konkret wünscht sich Slowenien, dass das Ausmaß der Regionalfördermittel auf dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Niveau (3,073 Milliarden Euro) bleibt und insbesondere ein drastischer Rückgang der Zahlungen für die Region Westslowenien, zu der auch die Hauptstadt Ljubljana mit ihrer hohen Wirtschaftskraft zählt, verhindert wird. Außerdem sollen die Mittel für die ländliche Entwicklung möglichst wenig gekürzt werden.
Unklar ist, wie lange die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel verhandeln werden. Babis meinte, es bleibe noch genug Zeit, um eine Einigung zu finden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach am Donnerstag im "Ö1"-Morgenjournal von "herausfordernden Verhandlungen", die bevorstünden. Er habe "einen flexiblen Rückflug gebucht", da noch nicht absehbar sei, wie lange die Verhandlungen zum EU-Budget dauern würden. Zuletzt habe es "Bewegung in die richtige Richtung" bei den Verhandlungen gegeben, mit dem Vorschlag, der am Tisch liegt, sei Österreich als Nettozahler aber nicht zufrieden, so Kurz. Ratspräsident Michel dränge zurecht auf eine Einigung, aber ob diese es am Ende gelingen wird, "steht noch in den Sternen", meinte der Kanzler.