Mit Buh-Rufen wurde EU-Kommissionspräsident Barroso auf Flüchtlingsinsel begrüßt.
Die Menschen riefen „Schande“ und Mörder“, als EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Mittwoch in Lampedusa ankam, dem größten Flüchtlingsfriedhof Europas. Gemeinsam mit Italiens Premier Enrico Letta wollte sich der EU-Chef ein Bild von der Situation auf der Insel machen.
Vor der Küste von Lampedusa war vergangene Woche ein Schiff mit rund 500 Flüchtlingen aus Somalia und Eritrea gekentert. Nur 155 überlebten. 289 Todesopfer wurden bisher geborgen. Sie liegen in Särgen in einem Aiurport-Hangar auf der Insel.
Seit dem Unglück hagelt es schwere Kritik an der europäischen Flüchtlingspolitik. Lösung aber gibt es keine. Italien fühlt sich mit den Problemen alleingelassen.
Beim Treffen der EU-Innenminister am Dienstag, an dem auch VP-Innenministerin Johanna MIkl-Leitner teilnahm, konnte man sich lediglich zur „Einsetzung einer Arbeitsgruppe“ durchringen. Auf konkrete Maßnahmen gingen die Innenminister gar nicht ein: „Das ist ein völliges Versagen“, argumentiert Günter Burkhardt, Chef der Hilfsorganisation „Pro Asyl“.
Die Helfer werfen der EU vor, Boots-Flüchtlingen sogar Seenothilfe zu verweigern. Bei der Katastrophe von Lampedusa rückte die Küstenwache viel zu spät aus. Ebenso drohen Fischern, die Flüchtlingen in Seenot helfen wollen, hohe Strafen: „Europa darf nicht mehr wegschauen“, fordert Khadra Sufi (31). ein Flüchtling aus Somalia.
ÖSTERREICH: Die meisten Boots-Flüchtlinge kamen aus Somalia. Warum nehmen sie diese gewaltigen Risiken auf sich?
Khadra Sufi: Die Menschen haben doch keine Wahl: In Somalia herrscht Krieg, Terror, Not, Elend. Die Flüchtlinge verlassen verzweifelt ein völlig zerstörtes Land in der Hoffnung, irgendwo in Europa eine neue Chance zu finden.
ÖSTERREICH: Sie sind auch aus Somalia geflohen...
Sufi: Ja, zuerst nach Ägypten und von dort weiter nach Deutschland. Für mich und meine Eltern galt damals: Entweder in Mogadischu erschossen werden, oder Flucht. Europa darf bei der Tragödie nicht wegschauen.