Wieder schwere Angriffen im Osten. Hunderte ausländische Panzer in der Ukraine.
Mit einem Ultimatum und der Androhung schärferer Sanktionen will die EU Russland in der Ukraine-Krise zum Einlenken bringen. Die Staats- und Regierungschefs beauftragten die EU-Kommission am Samstag, binnen einer Woche Vorschläge für neue Strafmaßnahmen vorzulegen. Über sie solle abhängig von Moskaus weiterem Verhalten entschieden werden.
Die Staatsführer zeigten sich "zutiefst besorgt" über "die Aktivitäten russischer bewaffneter Einheiten auf ukrainischem Boden". "In den vergangenen drei Tagen ist die Situation dramatisch eskaliert", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in der Nacht auf Sonntag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. "Das ist eine neue Eskalationsstufe und damit müssen wir uns auseinandersetzen", warnte auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wenn der Zustand von heute anhält oder die Verschärfung so weiter geht, dann gibt es die Beratungen über neue Sanktionen."
Sanktionen
Die EU-Kommission sei gebeten worden, "uns sehr schnell Vorschläge zu machen, über die wir innerhalb einer Woche entscheiden können", sagte Merkel. Demnach geht es etwa um weitere Sanktionen in den Bereichen Finanzen und Energie. Nach Angaben von EU-Diplomaten wollten einige Gipfelteilnehmer eine Entscheidung über die neuen Sanktionen noch vor dem NATO-Gipfel in Wales, der am Donnerstag beginnt.
Andere Staaten aber bremsten - unter anderem, weil sie negative Auswirkungen der Strafmaßnahmen auf sich selbst befürchten. Deswegen sei noch unklar, wann der Beschluss über neue Sanktionen genau falle, sagten EU-Diplomaten. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico will sich unter Umständen sogar gegen neue EU-Sanktionen sperren. Diese seien überflüssig und kontraproduktiv, sagte er nach dem Gipfel. "Wenn es Vorschläge gibt, behalte ich mir das Veto-Recht gegen Sanktionen vor, die das nationale Interesse der Slowakei schädigen", sagte Fico.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich über den Sinn von Sanktionen nicht begeistert. "Entscheidend ist, was soll verschärft werden und wie wirkt sich das auf Österreich aus", so Faymann. Er könne "nicht versprechen, ob Österreich in einer Woche zustimmen" werde. Erfreut war er über die Einigkeit darüber, dass militärische Optionen kein Weg seien, und "das scheint auch für die NATO" so zu sein. Eine friedliche Lösung sei die einzig mögliche. Ferner sah es der Kanzler als nicht vorteilhaft an, wenn die Ukraine einem Militärbündnis beitritt, vielmehr sollte Kiew die Neutralität nach österreichischem Muster anstreben.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sprach von "Krieg" in der Ostukraine. "Lassen Sie uns das richtige Wort gebrauchen. Was im östlichen Teil der Ukraine passiert, ist in der Tat Krieg", sagte Barroso nach dem Gipfel. Es gebe in dem Konflikt aber "keine militärische Lösung". Die Sanktionen seien kein Selbstzweck, sondern sollten Russland "zur Vernunft bringen". "Es macht keinen Sinn, diesen Konflikt zu haben", sagte Barroso. "Es ist nicht zu spät, aber die Zeit läuft davon."
"Ausgewachsener Krieg"
Der zu dem EU-Gipfel angereiste ukrainische Staatschef Petro Poroschenko warf Moskau vor, mit "tausenden" Soldaten und "hunderten" Panzern in der Ukraine zu sein. In den von "Separatisten und regulären russischen Truppen" kontrollierten Gebieten müsse bereits von einem "ausgewachsenen Krieg" gesprochen werden.
"Der Europäische Rat verurteilt den wachsenden Zustrom von Kämpfern und Waffen aus der russischen Föderation in den Osten der Ukraine und die Aggression der russischen Streitkräfte auf ukrainischem Boden", hieß es in der Erklärung der EU-Staats- und Regierungschefs. Russland müsse militärisches Material und Truppen "sofort" zurückziehen. "Es ist vollkommen inakzeptabel, dass sich russische Soldaten auf ukrainischem Boden befinden", sagte der britische Premier David Cameron.
Kiew und der Westen werfen Russland vor, die Separatisten nicht länger nur mit Waffen zu unterstützen, sondern auch mit eigenen Kampfeinheiten direkt in den Konflikt einzugreifen. Moskau weist die Vorwürfe zurück. Die EU hat angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine Sanktionen gegen Moskau verhängt und diese wiederholt verschärft.