Verbot ab 1. Juli
EU verhängt Öl-Embargo gegen Iran
23.01.2012
Brüssel will so Teheran zurück an den Verhandlungstisch zwingen.
Im Streit über das Atomprogramm des Iran will die EU die Regierung in Teheran mit einem Ölembargo zurück an den Verhandlungstisch zwingen. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag, alle Öleinfuhren des Landes in die Europäische Union ab 1. Juli zu verbieten. Aus Teheran kam postwendend die Erneuerung der Drohung, die Straße von Hormuz zu blockieren. Der US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln" passierte die Meerenge währenddessen unbehindert in Richtung Persischer Golf.
Verbot tritt sofort in Kraft
Das Verbot für neue Verträge wird umgehend mit Veröffentlichung im EU-Amtsblatt wirksam. Ein EU-Verbot gilt auch für Exportgarantien, Joint-Ventures und Kreditvergaben im Erdöl- und Petrochemie-Bereich. Griechenland, das besonders günstige Öl-Lieferverträge mit dem Iran hat, setzte eine Überprüfungsklausel des Sanktionenregimes zum 1. Mai dieses Jahres durch. Das bedeutet, dass die EU-Außenminister im April erneut über die Sanktionen entscheiden müssen. Die EU-Außenminister beschlossen laut Diplomaten auch teilweise Sanktionen gegen die iranische Zentralbank und gegen die iranische Kommerzbank Tejarat. Das Vermögen dieser Banken wird eingefroren, kann aber von den Notenbanken der EU-Staaten für legitimierte Geschäfte - das heißt zwischen Unternehmen, die nicht sanktioniert sind - freigegeben werden.
Der britische Außenminister William Hague sprach von "noch nie dagewesenen Sanktionen" gegen den Iran. Das bisher härteste Sanktionspaket der EU gegen Teheran sei eine Reaktion auf die "anhaltenden Verstöße des Iran gegen die Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats und seine Weigerung, sinnvolle Verhandlungen über das Atomprogramm aufzunehmen". Für die Anreicherung von Uran gebe es keine plausible zivile Erklärung.
"Ich will, dass der Druck dieser Sanktionen zu Verhandlungen führt", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Sie führt die Gespräche der fünf Vetomächte im UNO-Sicherheitsrat - USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China - sowie Deutschlands mit dem Iran. Die vor mehr als einem Jahr in Istanbul abgebrochenen Verhandlungen müssten wieder aufgenommen werden, forderte sie. "Wir können nicht akzeptieren, dass der Iran nach der Atombombe greift", sagte auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle. Die Tür zum Dialog bleibe aber offen.
Spindelegger: "Notwendiger Beschluss"
Auch Außenminister Michael Spindelegger (V) nannte den Beschluss am Montag notwendig. "Wir können ja nicht zusehen, dass der Iran an Atombomben bastelt. Das wird vom Iran zwar dementiert, aber es gibt viele Anzeichen dafür", sagte Spindelegger noch vor Beginn des EU-Außenministerrates in Brüssel. Es bedürfe starker und spürbarer Sanktionen bei Öl und im Bankensektor. Der Iran sei aber nach wie vor eingeladen, mit der EU über sein Atomprogramm zu verhandeln. Bereits früher hatte Spindelegger betont, für Österreich stelle das Öl-Embargo keine großen Probleme dar, da sich Österreich kaum mit Öl aus dem Iran versorge.
Der Einigung in Brüssel war ein wochenlanges Tauziehen vorausgegangen, weil die von der Euro-Schuldenkrise hart getroffenen südeuropäischen Länder Griechenland, Italien und Spanien eine Übergangsfrist forderten. Die EU-Staaten verschärften auch die Finanzsanktionen gegen die Islamische Republik. Ein Großteil der Guthaben der iranischen Zentralbank sollen eingefroren werden. Spindelegger sagte, die EU-Staaten würden Griechenland allenfalls helfen, weiter Öllieferungen zu günstigen Bedingungen zu bekommen. "Wir wollen jetzt nicht durch einen Ausfall von Öllieferungen ins nächste Desaster mit Griechenland kommen." Aber es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass es keine Ersatz-Öllieferungen gebe. Für Griechenland seien die Verträge mit Saudi-Arabien noch nicht unter Dach und Fach. Die Konditionen müssten am Verhandlungstisch zwischen den betroffenen Unternehmen erledigt werden, sagte er.
Teheran fordert harte Antwort
Iranische Politiker forderten eine harte Antwort auf die Sanktionen. Ali Fallahian, Mitglied des einflussreichen Expertenrates, forderte einen sofortigen Stopp der Öl-Lieferungen nach Europa. Da die Europäer dann nicht genug Zeit hätten, auf andere Quellen zu wechseln, würde dies einen Preisschock auslösen, sagte der ehemalige Geheimdienstminister am Montag der Nachrichtenagentur Fars. Der Vize-Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Außenpolitik und nationale Sicherheit, Mohammed Kossari, wiederholte neuerlich die Drohung, der Iran würde bei einer Behinderung der Öl-Exporte die Straße von Hormuz blockieren. Jeder solche Versuch, wäre aber "illegal und nicht erfolgreich", sagte der britische Außenminister.
Der US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln" lief am Montag trotz dieser Drohungen unbehindert in den Persischen Golf ein. Zusammen mit britischen und französischen Kriegsschiffen passierte die Trägergruppe die Meerenge von Hormuz, wie das britische Verteidigungsministerium am Montag mitteilte. Mit der Aktion habe man "das bestehende internationale Bekenntnis, Durchfahrtrechte unter internationalem Recht zu sichern" betonen wollen, hieß es.
Seit 2007 hat die EU den Druck auf den Iran mit umfangreichen Sanktionen erhöht, ohne dass es im Streit mit der Regierung in Teheran Fortschritt gegeben hätte. Gegen Hunderte führende Persönlichkeiten und Firmen bestehen bereits Reiseverbote und Kontensperrungen. Die neue Sanktionsrunde ist eine Reaktion auf den Bericht der Internationalen Atomenergie-Agentur vom November. Die IAEA (IAEO) fand Hinweise, dass die Islamische Republik den Bau von Kernwaffen betreibt.