Österreich wird laut Faymann "an der Spitze" der Gegner stehen.
Deutschland und Österreich haben am heutigen Freitag Stellung gegen angebliche Pläne der EU-Kommission zur Förderung von Atomkraftwerken bezogen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) versicherte, Österreich werde bei der Gegnerschaft "an der Spitze stehen". Ablehnend äußerte sich auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Ein Kommissionssprecher stellte vor dem Hintergrund der Proteste klar, dass die Brüsseler Behörde "in keiner Weise zu Förderungen für AKW ermutigen" wolle.
Stein des Anstoßes ist eine von EU-Wettbewerbskommissar Javier Almunia geplante Änderung der Richtlinie über staatliche Beihilfen, die Medienberichten zufolge von Großbritannien, Frankreich, Litauen und Tschechien unterstützt wird. Darin soll erstmals auch die Förderung von Atomkraftwerken erwähnt werden.
Almunias Sprecher Antoine Colombani wies am Freitag in Brüssel darauf hin, dass einige EU-Staaten die Atomenergie fördern wollten. "Wenn ein Mitgliedsland darum ansucht, sind wir verpflichtet, das zu prüfen." Derzeit gebe es keine spezifischen Beihilfe-Richtlinien für den Energiesektor, Staatsbeihilfen für AKW seien aber auch nicht verboten. "Es geht nicht darum, diese Art von Förderungen zu erleichtern." Vielmehr sollen Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen vermieden werden.
Wien dagegen Ein klares Nein kommt zu den Brüsseler Plänen aus Berlin und Wien. "Deutschland hat dagegen gestimmt, und das unterstütze ich", sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Freitag in Berlin. Bundeskanzler Faymann äußerte sich bei einer Veranstaltung am Freitagnachmittag in Wien scharf zu den angeblichen EU-Plänen. Nach dem Unglück von Fukushima müsse man schon ein Zyniker sein, um Kernenergie in Europa zu fördern, sagte er. Mit Blick auf andere skeptische Staaten sagte er, dass Österreich in dieser Frage "kein gallisches Dorf" mehr sei. Faymann sagte weiter, er wolle EU-Kommissar Johannes Hahn dazu bewegen, sich innerhalb der Kommission gegen die Pläne einzusetzen.
Heftige Kritik Zuvor hatten sich bereits zahlreiche österreichische Politiker und Umweltorganisationen ablehnend zu den EU-Plänen geäußert. Umweltminister Niki Berlakovich und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP) kündigten entschlossenen Widerstand gegen die geplante Richtlinie an. "Todesenergie darf keine Zukunft haben", sagte Berlakovich. Wirtschaftsminister Mitterlehner bekräftigte das Nein Österreichs gegen jede Art der AKW-Förderung, "auch nicht unter dem Deckmantel einer CO2-armen Technologie".
Grünen-Chefin Eva Glawischnig warnte vor einer "gefährlichen Fehlentscheidung", sollte die EU staatliche Subventionen für Atomkraftwerke erlauben. EU-Kommissar Hahn sei gefordert, den Plänen "eine klare Absage zu erteilen". Glawischnigs Parteikollege Rudi Anschober, Umweltlandesrat in Oberösterreich, äußerte die Befürchtung, dass die EU-Pläne auch eine "Vorentscheidung über den Ausbau von Temelin" seien, der ohne Milliardensubventionen nicht bewerkstelligt werden könne.
"Wahnsinn" BZÖ-Abgeordneter Rainer Widmann bezeichnete die AKW-Förderpläne als "Wahnsinn", der die Energiewende infrage stelle. EU-Kommissar Hahn "muss sich diesem Ansinnen einiger EU-Staaten kräftig entgegenstemmen", betonte er. Der Umweltsprecher des Team Stronach, Erich Tadler, signalisierte ebenfalls Ablehnung, äußerte aber den Verdacht, dass die Bundesregierung letztlich "dem Druck der EU nachgeben und umfallen" werde.
Scharfe Kritik an den EU-Plänen übten auch Umweltorganisationen. Greenpeace sprach von einem "Wahnsinns-Vorschlag", der den Bau von "Dutzenden Atommeilern" in den nächsten Jahrzehnten bedeuten könnte. Die Organisation atomstopp_oberoesterreich erblickte in den Plänen den Beweis, dass es der Atomindustrie insgesamt "wirtschaftlich schlecht geht und sie ohne staatliche Unterstützung am Ende ist". Ähnlich äußerte sich das "Anti Atom Komitee". Die Vorstöße der EU-Kommission würden beweisen, dass die Atomenergie, auch nach 60 Jahren, "in denen Hunderte Milliarden in diese veraltete Risikotechnologie gepumpt wurden, noch immer am Tropf des Steuerzahlers hängt“.
Derzeit kaum neue AKWs Tatsächlich werden derzeit in Europa kaum neue Atomkraftwerke gebaut. Investoren scheuen die hohen Bau- und Sicherheitskosten. Dennoch halten einige Regierungen, wie etwa jene Großbritanniens oder Tschechiens, an Plänen zum Ausbau der Atomenergie fest. London wie neue AKW über eine Umlage auf alle Stromverbraucher subventionieren, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. In Tschechien steht demnächst die Entscheidung darüber an, wer zwei weitere Reaktoren im AKW Temelin bauen soll. Tschechiens Umweltminister Tomas Podivinsky sagte der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" (Freitagsausgabe), er habe keine Präferenz. Neben den USA komme auch Russland infrage.
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