Derzeit kämpfen etwa 5.000 EU-Bürger als Jihadisten in Kriegsgebieten.
Europol-Direktor Rob Wainwright warnt vor einem großen Sicherheitsrisiko durch "Foreign Fighters". Derzeit kämpfen etwa 5.000 EU-Bürger in Kriegsgebieten, vor allem als Jihadisten in Syrien und im Irak. Die Terrorexperten der europäischen Polizeiagentur können aber nicht mit Sicherheit sagen, was diese tun, wenn die Kriegsherde im Nahen und Mittleren Osten einmal befriedet sind, so Wainwright.
Zur Klarstellung: Unter EU-Bürgern versteht Europol Staatsbürger der EU sowie Personen, die in diesen Ländern Wohnsitze haben. Eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer sei bei "Foreign Fighters" ebenso denkbar wie ein Weiterziehen in andere Kriegsgebiete, zum Beispiel nach Libyen. Aus Österreich hatten knapp 300 Jihadisten nach den Zahlen des Innenministeriums die Absicht, in den Krieg zu ziehen. Rund 50 davon wurden gestoppt, etwa 40 im Krieg getötet. Etwa 90 sind demnach wieder zurückgekehrt. "Jedenfalls wird eine ganze Menge Menschen reintegriert werden müssen", betonte Wainwright vor Journalisten in Den Haag.
"Größte Terrorbedrohung seit Generationen"
"Wir sehen uns der größten Terrorbedrohung seit Generationen gegenüber", sagte der Europol-Chef. Ein wesentlicher Punkt sei auch die Beobachtung, Informationsgewinnung, letztlich aber auch die Bekämpfung von Propaganda, mit der Jihadisten potenziellen Nachwuchs anlocken wollen. Nicht zuletzt nannte Wainwright die Finanzierung der Gruppen.
Dabei verwies der Chef der Polizeiagentur auf Querverbindungen zu Gruppen der Organisierten Kriminalität. So stammten die für den Anschlag auf das Pariser Satiremagazin verwendeten illegalen Waffen aus Beständen der Unterwelt. Ein weiteres Beispiel seien Dokumentenfälscher: "Kriminelle Gruppen produzieren Dokumente eben auch für terroristische Organisationen."
Eine weitere Verbindung zwischen jihadistischen Terrororganisationen und verbrecherischen Gruppierungen sei, dass viele Aktivisten selbst eine kriminelle Vergangenheit aufweisen. "Sie sind aus der Gesellschaft ausgeschlossen, haben eine niedrige Schulbildung, waren Kleinkriminelle und früher oft Gangmitglieder", sagte Wainwright.
Brexit mit Auswirkungen auf EU-Sicherheit
Nach Einschätzung des Europol-Direktors ist es für den IS oder Al-Kaida schwieriger geworden, große, abgestimmte Terrorattacken zu lancieren. Wobei der Willen und die Kapazität dazu nach wie vor vorhanden seien.
Wainwright vermutet darüber hinaus, dass der Brexit - das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU - auch Auswirkungen auf die Sicherheit "in der Union und im Vereinigten Königreich" hat. "Wir müssen sicherstellen, die Auswirkungen durch den Brexit möglichst klein zu halten", sagte der Europol-Chef.
Wainwright wies darauf hin, dass es zahlreiche Nicht-EU-Länder mit Kooperationsabkommen mit Europol gibt. Ob das erst kürzlich aus Europol ausgestiegene Dänemark, das unmittelbar vor dem Abschluss eines Kooperationsabkommens mit der Polizeiagentur steht, ein Vorbild für Großbritannien sein könnte, konnte der Europol-Direktor nicht sagen. "Das müssen die politisch Verantwortlichen entscheiden."
Ausweitung der Kompetenzen
Mit 1. Mai wird die Arbeit der Polizeiagentur auf eine neue Basis gestellt. Wainwright zeigte sich zuversichtlich, dass dies zum Wohl Europols geschehe. Die Kompetenzen werden mit der Reform deutlich ausgeweitet. Dazu soll unter anderem die Zusammenarbeit mit den nationalen Polizei- und Justizstellen der 28 EU-Staaten verbessert werden. "Das wird es uns erlauben, die Art, wie wir Daten sammeln, zu modernisieren, um Bedrohungen besser verstehen zu können", sagte Wainwright. Darüber hinaus wird Europol auch verstärkt der Kontrolle des EU-Parlaments und der nationalen Parlamente unterliegen - "was ich begrüße", betonte der Europol-Chef.
Seine persönliche Zukunft sah Wainwright nicht durch den bevorstehenden Brexit beeinträchtigt. "Mein Vertrag läuft ohnehin nächstes Jahr aus. Meine Zukunft ist also nicht mit dem Brexit verknüpft", betonte er.