Terrorismus
Ex-ISIS-Geisel warnt vor Anschlag auf EM
20.06.2016
Zehn Monate lebte der Franzose als Geisel unter den ISIS-Terroristen.
Der Franzose Nicolas Hénin lebte zehn Monate als Geisel unter den Terroristen der IS-Miliz. Er wurde von der Terrorgruppe gefoltert und gequält, bis sich Frankreich dazu bereit erklärte, ein Lösegeld zu zahlen.
Im April 2014 wurde der Journalist freigelassen, er gilt als einer der wichtigsten ISIS-Experten und hat ein Buch über die Terrormiliz verfasst ("Der IS und die Fehler des Westens").
EM als klares Ziel
In einem Interview mit BILD gab die Ex-ISIS-Geisel Einblicke in die Welt des Terrors. "Die EM ist ein Ziel, ganz klar. Denn für die Terroristen ist die EM eine große Chance", erklärte er. Da ISIS vor allem mediale Aufmerksamkeit möchte, sei die EM das perfekte Anschlagsziel für die Terrormiliz.
Besonders gefährdet seien natürlich die Spiele selbst, obwohl die Stadionsicherheit aufgestockt worden sei. Doch auch Anschläge auf Fan-Zonen und Public-Viewing-Locations sowie Anschlagsorte, die keine direkte Verbindung zum Fußball haben, seien möglich. "Jeder Anschlag, der derzeit in Frankreich passiert, wird automatisch auch in den Zusammenhang mit der stattfindenden EM gestellt", berichtet Hénin.
Attentäter nach Europa einschleusen
Auch auf die Frage, warum ISIS es riskiert, Attentäter nach Europa zu bringen, obwohl es auch hier genug Einzeltäter gibt, die freiwillig Anschläge verüben, hat der Journalist eine Antwort: Die Terrormiliz verfolge verschiedene Strategien, um größtmöglichen Terror zu verbreiten.
Beides in Summe sei somit noch effektiver. In Syrien und dem Irak gebe es viele Auslandskämpfer, die dort trainiert worden seien und in ihren europäischen Heimatländern Anschläge begehen wollen. "Warum sollte ISIS diese Kämpfer aufhalten?", fragt er.
Anschlagsplanung
Wie viel Wissen er über die Terrormiliz gesammelt hat, zeigt Hénin bei der Frage nach der Anschlagsplanung. So weiß er, dass es ein spezielles Ministerium gibt, das dafür zuständig ist, von Syrien und dem Irak aus Anschläge zu planen. In dieser Behörde, die um den Sprecher des "Islamischen Staats" angesiedelt ist, arbeiten laut dem Journalisten auch viele internationale Auslandskämpfer.
Die Anschläge seien trotz des Ministeriums jedoch nicht zwingend anspruchsvoll oder ausgefeilt. "Aber das heißt nicht, dass die Anschläge deshalb weniger gefährlich oder weniger schlagkräftig wären", betont die Ex-ISIS-Geisel.
Anschläge im Westen
"Es gibt kein Geheimnis, dass alle westlichen Länder mit Anschlägen rechnen müssen", da ISIS die "maximale Eskalation und Konfrontation" wolle. Diese Eskalation solle militärisch im Nahen Osten und gesellschaftlich in den westlichen Ländern erfolgen.