Die Staatsanwaltschaft fordert U-Haft für Brasiliens früheren Präsidenten.
Dem früheren Präsidenten Brasiliens, Luiz Inacio Lula da Silva, droht Untersuchungshaft. Einen entsprechenden Antrag hat die die Staatsanwaltschaft von Sao Paulo bei der Justizbehörde des Bundesstaates eingereicht. Zur Begründung führte sie Lulas Aufruf zu Massenprotesten nach seiner vorübergehenden Festnahme am Freitag an.
Anklage wegen Geldwäsche
Wann das zuständige Gericht im Bundesstaat Sao Paulo über die Anklageerhebung und eine mögliche U-Haft für den 70-Jährigen entscheidet, war zunächst unklar. Bisher war nur bekannt, dass Lula (70) unter anderem wegen Geldwäsche angeklagt werden soll. Dabei geht es um ein dreistöckiges Apartment in Guaruja an der Atlantikküste - die Ermittler vermuten, dass Lula die grundlegend renovierte Immobilie als Gegenleistung für Hilfe bei Auftragsvergaben erhalten haben könnte. Der Ex-Staatschef (2003-2011) bestreitet die Vorwürfe. Am Freitag war sein Haus durchsucht worden.
Die Ermittler vermuten, der Gründer der linken Arbeiterpartei und seine Familie seien die eigentlichen Eigentümer, offiziell läuft die Immobilie aber auf den Namen des Bauunternehmens OAS, das in den milliardenschweren Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt ist. Auch die Renovierungsarbeiten und die Ausstattung der Immobilie sollen ganz nach dem Geschmack Lulas erfolgt sein, lautet der Verdacht. Um Aufträge zu bekommen, zahlten Bauunternehmen während Lulas Amtszeit in vielen Fällen eine Provision von drei Prozent der Vertragssumme an Politiker und Parteien.
Star der linken Szene
Die ehemalige Ikone der Linken wies eine Verwicklung in die milliardenschwere Korruptionsaffäre, in die ranghohe Politiker aller Parteien verstrickt sind, stets von sich.
Die Forderung nach Untersuchungshaft muss nun von der Richterin Maria Priscilla Ernandes bewertet werden - wann eine Entscheidung fällt, ist noch unklar. Lula galt als Präsident lange Zeit als Star der linken Szene, der die Armut im fünftgrößten Land der Welt reduzierte, mit Sozialprogrammen das Vertrauen gerade der unteren Schichten gewann. Zudem wuchs in seiner Amtszeit die Wirtschaft zeitweise kräftig und Brasilien erhielt den Zuschlag für die Fußball-WM und die Olympischen Spiele.
Immer neue Details
In bisher 24 Phasen der 2014 begonnenen Operation "Lava Jato" ("Autowäsche") kommen immer neue Details zutage. Parlamentspräsident Eduardo Cunha zum Beispiel steht unter Verdacht, fünf Millionen Dollar kassiert und auf Schweizer Konten deponiert zu haben. Der frühere Chef des Baukonzerns Odebrecht, Marcelo Odebrecht, war Mitte 2015 verhaftet worden und wurde Dienstag von dem für das gesamte Korruptionsverfahren zuständigen Richter Sergio Moro zu 19 Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.
Lula hatte Brasilien in den Jahren 2003 bis 2010 regiert. Im August kündigte er an, in die Politik zurückzukehren, um in der schweren politischen und wirtschaftlichen Krise seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff den Rücken zu stärken. Auch gegen Rousseff laufen Ermittlungen. Ihr wird vorgeworfen, ihren Wahlkampf des Jahres 2014 illegal mit Spenden von Zulieferern des Petrobras-Konzerns finanziert zu haben. Sie bestreitet, von dem umfassenden Korruptionsnetz gewusst zu haben. Für Sonntag sind Massendemonstrationen für ihre Absetzung in Brasilien geplant.