Abschiebungen

Experte attackiert Trump: "Grenzt ans Absurde"

18.03.2025

Die Abschiebung von rund 260 mutmaßlichen Kriminellen nach El Salvador hat für die Regierung von US-Präsident Donald Trump ein Nachspiel - und für den Richter, der sie untersagt hatte.  

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Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro hat nach der Abschiebung von über 200 mutmaßlichen Mitgliedern einer venezolanischen Drogenbande aus den USA zur Inhaftierung nach El Salvador seinen Protest bei der UNO angekündigt. Er wende sich u. a. an den UNO-Generalsekretär, an den Hochkommissar für Menschenrechte und weitere Gremien, "damit die Menschenrechtsmechanismen aktiviert werden, um venezolanische Männer und Frauen zu schützen", so Maduro am Montag (Ortszeit) im Staats-TV.

Die Abschiebung der rund 260 mutmaßlichen Kriminellen nach El Salvador hat unterdessen für die Regierung von US-Präsident Donald Trump ein Nachspiel - und für den Richter, der sie untersagt hatte. Der US-Bundesrichter James Boasberg forderte die Regierung am Montag auf, zu erklären, ob sie sich mit der Abschiebung über seine anderslautende gerichtliche Anordnung hinweggesetzt habe. Indes teilte das Justizministerium mit, man wolle Boasberg von dem Fall abziehen.

Trump hat seit seinem Amtsantritt im Jänner mehrmals versucht, Grenzen der Gerichtsbarkeit zu verschieben. Da der von seinen Republikanern kontrollierte Kongress dies meist unterstützt, sind Bundesrichter oft die einzige Bremse und legen vieles auf Eis, um zunächst die Rechtmäßigkeit zu prüfen.

USA schoben mutmaßliche Bandenmitglieder ab

Die Trump-Regierung hat am Wochenende Personen nach El Salvador abgeschoben, die überwiegend Mitglieder der venezolanischen Bande Tren de Aragua sein sollen. Diese wird mit Entführungen, Erpressungen und Auftragsmorden in Verbindung gebracht. Bürgerrechtler hatten gleichwohl die Abschiebung mit einer Dringlichkeitsanhörung verhindern wollen.

Bundesrichter Boasberg hatte dazu am Samstag um 17.00 Uhr (Ortszeit) mit einer Anhörung per Videokonferenz begonnen. Flugdaten zufolge starteten in den USA kurz darauf zwei Airbus-Jets, die mutmaßlich Abzuschiebende an Bord hatten. Um 18.45 Uhr lehnte Richter Boasberg die von Trump angeführte Begründung für die Abschiebung ab und erklärte, die Anwälte der Regierung müssten diese sofort davon Kenntnis setzen. Zudem müsse "jedes Flugzeug, in dem sich diese Leute befinden - sei es, weil es abheben wird oder sich in der Luft befindet - in die USA zurückgebracht werden".

Boasberg wiederholte dies unmittelbar und sagte, die Menschen müssten in die USA zurückgebracht werden, "wie auch immer das erreicht wird", etwa indem ein Flugzeug umdrehe. Boasberg unterstrich den Punkt ein drittes Mal und sagte den Anwälten: "Dies ist etwas, das Sie sofort sicherstellen müssen."

Flugdaten zeigen, dass die Airbus-Maschinen zu dem Zeitpunkt noch in der Luft waren. Sie landeten dann am Abend zunächst in Honduras und hoben dort am späteren Abend zu ihrem Endziel El Salvador ab. Es gibt noch einen dritten Airbus der mutmaßlich Abzuschiebende an Bord hatte und erst nach Richter Boasbergs Anweisungen in den USA startete und ebenfalls mit Zwischenstopp in Honduras nach El Salvador flog. Die Trump-Regierung argumentiert nichtsdestotrotz, dass sie korrekt gehandelt habe, da die Flugzeuge mit den mutmaßlichen Gang-Mitgliedern zum Zeitpunkt der richterlichen Anordnung schon auf dem Weg nach El Salvador gewesen seien.

Gerichtliches Hick-Hack und Absetzung von Richter beantragt

Bei einer gerichtlichen Anhörung am Montag zu den Abschiebungen nach El Salvador versicherte der Regierungsanwalt dem Richter, dass dessen Entscheidung seit ihrer schriftlichen Veröffentlichung respektiert werde. Er weigerte sich jedoch, die Fragen des Richters zu Flugzeiten, Zielorten oder der Anzahl der abgeschobenen Personen zu beantworten. US-Medienberichten zufolge berief er sich dabei auf "Bedenken wegen der nationalen Sicherheit". Er argumentierte demnach überdies, dass die Zuständigkeit des Gerichts nicht den Luftraum außerhalb der USA umfasse. Richter Boasberg, der eine weitere Anhörung in dem Fall für den 21. März angesetzt hat, forderte die Regierung auf, bis Dienstagmittag (Ortszeit, 17.00 Uhr MEZ) Antworten zu liefern.

Zugleich beantragte das US-Justizministerium die Absetzung des Richters. Das Ministerium begründete den Antrag mit dem "Risiko, dass das Gericht die Regierung unter Androhung von Strafen dazu zwingen könnte, sensible Informationen über die nationale Sicherheit preiszugeben".

Trump berief sich auf Alien Enemies Act aus dem Jahr 1798

Trump hatte sich bei den Abschiebungen auf den "Alien Enemies Act" aus dem Jahr 1798 berufen. Das Weiße Haus hatte am Sonntag erklärt, Bundesgerichte hätten "keine Zuständigkeit" für Trumps Befugnis, ausländische Feinde auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem 18. Jahrhundert auszuweisen. Am Montag erklärte die Trump-Administration, die mündliche Anweisung des Richters, alle Flugzeuge zurückzuholen, sei "nicht durchsetzbar" gewesen, da sie nicht in einer schriftlichen Anordnung enthalten sei. Gegen Boasbergs spätere schriftliche Anordnung habe man nicht verstoßen, weil die Maschinen da bereits abgeflogen seien.

Der Verfassungsrechtler Michael J. Gerhardt von der University of North Carolina School of Law, sagte, das Argument "grenze ans Absurde". Es stehe auch im Widerspruch zu bewährtem Verfassungsrecht, das besage, dass Bundesbeamte der Verfassung unterworfen seien - egal wo sie sich befinden. "Ein Regierungsflugzeug, das in Regierungsangelegenheiten unterwegs ist, befindet sich nicht in einer gesetzesfreien Zone", sagte Gerhardt. Wenn das anders wäre, "dann kann die Regierung einfach alles tun, was sie anscheinend tun will, solange sie sich nicht mehr auf amerikanischem Boden befindet."

Drogenbanden als Terrororganisationen behandelt

Trump geht seit seinem Amtsantritt schonungslos gegen Migranten vor und hat dabei nun auch die venezolanische Drogenbande Tren de Aragua ins Visier genommen. Im Februar wurde die Bande von der US-Regierung als "Terrororganisation" und Gefahr für die Sicherheit eingestuft. Nach Angaben des Weißen Hauses ist die länderübergreifende kriminelle Organisation eng mit der linken Regierung Maduros verbunden. Die Bande führe "einen irregulären Krieg" gegen die USA, teilweise auf direkte Anweisung der Maduro-Regierung, erklärte Trump in seiner Abschiebe-Anordnung.

US-Justizministerin Pam Bondi hatte die Aussetzung der Abschiebe-Anordnung durch Richter Boasberg kritisiert. Diese missachte "Präsident Trumps etablierte Machtbefugnis" und gefährde die Bevölkerung und die Strafverfolgung, erklärte sie.

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