Nach Raisi-Tod

Experte: Jetzt bricht brutaler Machtkampf aus

20.05.2024

Der Tod von Raisi könnte die Islamische Republik in eine innen- und außenpolitische Krise stürzen 

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Der iranische Präsident Ebrahim Raisi ist bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Das teilte ein iranischer Regierungsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters mit. Auch Außenminister Hossein Amirabdollahian, der mit dem 63-jährigen Raisi im Hubschrauber saß, sei umgekommen. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Mehr wurden alle Insassen bei dem Absturz am Sonntag im Nordwesten des Landes getötet.

Der Tod von Raisi und Amirabdollahian könnte die Islamische Republik in eine innen- und außenpolitische Krise stürzen. Insbesondere Amirabdollahian war als Außenminister seit Beginn des Gaza-Krieges verstärkt in die Öffentlichkeit gerückt und hatte zahlreiche Reisen zu Verbündeten unternommen. Mangels Alternativen dürfte sich die Suche nach einem Nachfolger für Raisi schwierig gestalten.

Heftiger Machtkampf

Mit Raisis Tod dürfte ein heftiger Machtkampf ausbrechen, schrieb der Iran-Experte Arash Azizi in einer Analyse für die US-Zeitschrift "The Atlantic". Raisis Passivität habe Herausforderer unter den Hardlinern ermutigt. Sie würden seine schwache Präsidentschaft als Chance sehen. "Der Tod von Raisi würde das Machtgleichgewicht zwischen den Fraktionen innerhalb der Islamischen Republik verändern", hieß es noch bevor iranische Staatsmedien Raisis Tod bestätigten.

Bei den Parlamentswahlen im März hat sich zudem erneut ein Lager fundamentalistischer und konservativ-religiöser Politiker durchgesetzt, die auch Raisi nahestehen. Diese bisher eher unbekannten Abgeordneten könnten versuchen, mehr politischen Einfluss zu gewinnen. Moderate Politiker des Reformlagers wurden jüngst immer schwächer, auch weil der Wächterrat - ein mächtiges Kontrollgremium besetzt mit erzkonservativen Gelehrten - ihre Kandidaturen immer stärker einschränkte.

Gescheiterte Reformen

Der amtierende Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, der bei der Parlamentswahl zwar schlecht abgeschnitten hat, hat bereits seit langem Ambitionen auf das Präsidentenamt. Viele Menschen sind nach gescheiterten Reformversuchen der vergangenen Jahrzehnte ohnehin desillusioniert und blieben bei der Abstimmung über das Parlament aus Protest fern.

Hamidreza Azizi, Gastwissenschaftler an der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik, sieht keine gravierenden Veränderungen im politischen System Irans, da die wichtigen Entscheidungen ohnehin von Khamenei und den mächtigen Revolutionsgarden getroffen werden. Insgesamt seien die Auswirkungen von Raisis Tod "weder grundlegend noch ein entscheidender Schlag für das System", schrieb Azizi auf X. "Er wird den Wettbewerb zwischen den Hardlinern beeinflussen, aber nicht die strategische Ausrichtung der Islamischen Republik in der Außen- oder Innenpolitik."
 
 

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